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Assoziierungsabkommen mit der Ukraine
Alles spricht für eine große Mehrheit

Im April 2016 sprachen sich rund 60 Prozent der Niederländer in einem Referendum gegen das Assoziierungsabkommen der EU mit der Ukraine aus. Die Regierung reagierte mit einer Zusatzerklärung und schloss darin unter anderem Sicherheitsgarantien und militärische Unterstützung für die Ukraine aus. Jetzt soll der Weg zur Ratifizierung frei gemacht werden.

Von Thomas Otto | 30.05.2017
    Befürworter und Gegner des Assoziierungsabkommens demonstrieren im April 2016 in Amsterdam. Nun wird die Erste Kammer über das Abkommen entscheiden.
    Befürworter und Gegner des Assoziierungsabkommens demonstrieren im April 2016 in Amsterdam. Nun wird die Erste Kammer über das Abkommen entscheiden. (dpa/picture alliance/ Evert Elzinga)
    Vor gut einem Jahr, im April 2016, hatten sich die Niederländer in einem Referendum mit über sechzig Prozent dagegen entschieden, dass ihre Regierung das Assoziierungsabkommen zwischen EU und Ukraine unterzeichnet. Knapp ein Drittel der Wahlberechtigten hatte damals abgestimmt. Vor allem EU-kritische Kräfte, wie die Bewegung GeenPeil, hatten das Referendum zu einer Abstimmung über Europa aufgeladen und zahlreiche Ängste vor einer Annäherung an die Ukraine gestreut.
    Wie zum Beispiel vor einem Beitritt zur EU, von dem auch der ukrainische Premier Petro Poroschenko gesprochen hatte. Der Glaube, mit dem Assoziierungsabkommen sei ein EU-Beitritt verbunden, ist bei so vielen Bürgern verbreitet, dass sich Premierminister Mark Rutte vergangene Woche noch einmal genötigt sah, vor der Ersten Kammer des Parlaments klarzustellen:
    "Herr Poroschenko hat das Recht auf freie Meinungsäußerung. Jeder kann sagen, was er will. Wichtig ist nur die juristische Position Europas: Europa hat keinerlei Verpflichtung, der Ukraine eine Beitrittsperspektive zu bieten. Ich bin übrigens dagegen, die ganze Regierung ist gegen eine EU-Mitgliedschaft der Ukraine."
    Kein Beginn von Beitrittsverhandlungen
    Zwar ist das Ergebnis des Referendums zum Assoziierungsabkommen nicht bindend. Die Regierung entschied sich aber, die Bedenken der Gegner aufzugreifen. In einem Zusatzpapier, ähnlich dem Papier, mit dem die Wallonie überzeugt wurde, dem Freihandelsabkommen CETA mit Kanada zuzustimmen, wird nun unter anderem klargestellt:
    Das Abkommen stellt nicht den Beginn von Beitrittsverhandlungen zur EU dar. Auch sind damit keinerlei Sicherheitsgarantien oder anderweitige militärische Unterstützung verbunden. Ebenso kein Recht auf Freizügigkeit für Ukrainer und Arbeit in der EU.
    Diese Zusatzerklärung wurde im Dezember von den EU-Staats- und Regierungschefs abgesegnet. Nun könne man unterzeichnen, meint Außenminister Bert Koenders:
    "Die Niederlande müssen ein verlässlicher Partner sein, das ist wichtig für die EU, mit Blick auf die Ukraine und Russland. Und es ist auch bedeutend für künftige Verträge zwischen der EU und Drittländern. Und deshalb war es auch so wichtig für unsere Regierung, dass durch einen Beschluss der Staats- und Regierungschefs den Sorgen Genüge getan wurde, um so eine Ratifizierung durch die Niederlande doch noch möglich zu machen."
    Zweifel am Wert der Zusatzerklärung
    Doch manche Abgeordnete zweifeln am Wert des Zusatzpapiers. Ben Knapen vom Christlich Demokratischen Aufruf CDA, der bisher der Opposition angehört, kritisiert, dass nicht das Abkommen selbst geändert wurde:
    "Der Beschluss der 28 Staats- und Regierungschefs vom 15. Dezember in Brüssel ist laut Kabinett eine juristisch verbindliche Interpretation von fünf Punkten des Assoziierungsabkommens. Gleichzeitig bleibt, ich zitiere den Chefjuristen des Europäischen Rates, das Abkommen unverändert."
    Die Zweite Kammer hatte bereits im März, noch vor der niederländischen Parlamentswahl, dem Assoziierungsabkommen zugestimmt. Heute will auch die Erste Kammer, vergleichbar mit dem deutschen Bundesrat, über das Abkommen entscheiden. Alles spricht für eine große Mehrheit für das Abkommen. Damit wäre das Assoziierungsabkommen zwischen EU und Ukraine endgültig ratifiziert.