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Der Wasserstoffbus von Hummelsbüttel

Frank Grotelüschen | 01.10.2003
    Die Brennstoffzelle gilt als viel versprechendes, weil umweltfreundliches Antriebskonzept der Zukunft. Im Prinzip nämlich läuft sie mit Wasserstoff, und bei dessen Verbrennung entstehen weder Schadstoffe noch das Treibhausgas CO2, sondern lediglich reines Wasser. Viele Prototypen von Brennstoffzellen tanken allerdings Methan, das dann erst an Bord der Fahrzeuge in Wasserstoff umgewandelt wird, wobei dann doch wieder CO2 gebildet wird. In Hamburg aber ist nun ein europäisches Pilotprojekt namens CUTE gestartet, bei dem zwei Jahre lang Linienbusse direkt mit regenerativ erzeugtem Wasserstoff gespeist werden soll.


    Hamburg, Haltestelle Niendorf Nord. Auf leisen Sohlen nähert sich ein Bus, modisch lackiert in silbermetallic. "Fuel Cell Bus", steht auf der Seite, zu deutsch: Brennstoffzellenbus. Innen viel Platz und hellgraue Sitze, und man riecht sofort: Das Gefährt kommt frisch aus der Fabrikhalle.

    Busfahrer Rainer Bentin drückt den Startknopf, und der Elektromotor setzt den Wasserstoffbus sachte in Bewegung. Aus seinem Auspuff kommt nichts als reiner Wasserdampf.

    Es fährt sich leise und vibrationsarm. Ansonsten spürt man keinen Unterschied zu einem gewöhnlichen Bus, auch nicht bei der Beschleunigung. Die Fahrgäste sind angetan.

    Eine Viertelstunde später hat der Bus sein Ziel erreicht - den Betriebshof in Hamburg-Hummelsbüttel. Bentin steuert einen Container an, neben dem massive Drucktanks stehen - eine Tankstelle für Wasserstoff. Hier erwartet uns Manfred Kriese von der Hamburger Hochbahn.

    Dieses Projekt ist ein europaweites Projekt. Es werden Fahrzeuge eingesetzt in verschiedenen Städten mit unterschiedlichen topographischen und klimatischen Verhältnissen. Wir hier in Deutschland haben als erste diese Busse bekommen. Als zweites ist dann Stuttgart dran. Stuttgart hat andere topographische Verhältnisse wie wir sie hier haben.


    Will heißen: Hamburg ist flach, Stuttgart ist hügelig, und in beiden Städten sollen sich die Wasserstoffbusse bewähren - ebenso wie in Madrid, London und fünf weiteren europäischen Metropolen. Unter welchen Bedingungen bewährt sich die neuen Technik, wo zeigt sie Schwächen? Das sind die Fragen, die Kriese und seine Kollegen mit ihren drei Hamburger Wasserstoffbussen beantworten wollen.

    Zurzeit fahren die Busse im betriebshofnahen Bereich, um jetzt die ersten Gehversuche beobachten zu können.


    Busfahrer Bentin öffnet eine Klappe über dem rechten Scheinwerfer und betätigt eine Art Hauptsicherung. Sie schaltet den Strom im Bus komplett ab, damit ja kein elektrischer Funke den Wasserstoff entzündet.

    Die Tür geht nicht mehr zu - also ist der Strom ausgeschaltet. Und jetzt kann er betankt werden.


    Jetzt geht Bentin zum Heck und öffnet die Haube. Wir stehen vor einem Metallklotz mit Zahnriemen, es ist der Elektromotor samt Getriebe. Der Strom kommt über ein Kabel vom Dach des Busses. Dort stecken die Brennstoffzellen und der Wasserstofftank.

    Deswegen ist das Fahrzeug schwerer, also kopflastiger. Oben sind ungefähr 1,5 Tonnen mehr Gewicht, das sich bei Kurvenfahrten auch eventuell bemerkbar macht.


    Bentin nimmt ein gartenschlauchdickes Kabel zur Erdung und für die Datenübertragung von der Zapfsäule und stöpselt es in den Bus.

    Nun hievt er den Tankstutzen von der Säule und verschraubt ihn mit dem Bus. Ein Knopfdruck - und das Wasserstoffgas strömt in den Tank. Wie bei jeder Zapfsäule setzt sich der Zähler in Bewegung.

    Das ist jetzt Anzeige in Kilogramm. Das Fahrzeug fasst bis maximal 42 Kilo Wasserstoff mit einem Druck von 350 Bar.


    Auch der Preis läuft mit. Wir sind gerade bei acht Euro für drei Kilogramm.

    Das ist jetzt ein Kilopreis von 2,70 wie er dort angegeben ist. Das sind so Dinge, die sollte man jetzt nicht so ernst nehmen und sagen: So, das ist es!


    Um die 13 Kilogramm Wasserstoff braucht der Bus auf 100 Kilometer, schätzt Kriese. Genaue Verbrauchswerte gibt es noch nicht. Die werden sich erst im längeren Betrieb zeigen.
    Dann sehen wir uns die Tankstelle genauer an. Auch sie ist ein Versuchsprojekt. Denn sie wird nicht von Tanklastern beliefert, sondern erzeugt ihren Wasserstoff selbst, und zwar mit grünem, regenerativ erzeugten Strom. Das passiert in einem langen, weißen Container. Dessen Herzstück ist ein Metallzylinder groß wie ein Heizöltank. Er spaltet Wasser durch Elektrolyse auf in Wasserstoff und Sauerstoff. Den Wasserstoff drückt ein Kompressor in die Hochdrucktanks. Der Sauerstoff wird - zur Freude von Manfred Kriese - in die Luft gepustet.

    Das ist reiner Sauerstoff. Deswegen haben wir hier ein bisschen Kur. Bad Hummelsbüttel sagen wir schon.


    An der Zapfsäule läuft die Uhr immer langsamer - bis sie schließlich stehen bleibt und eine grüne Lampe aufleuchtet.

    Rainer Bentin hängt die Zapfpistole ein, schraubt das Kabel ab, und - fertig ist die Prozedur. Eine Viertelstunde hat das Tanken gedauert - zu lange für die Serie. Das müsse zukünftig schneller gehen, meint Busfahrer Bentin. Und auch die Reichweite sei noch zu verbessern. Derzeit liegt sie bei 250 Kilometern. An sich aber ist Bentin bislang hoch zufrieden mit seinem neuen Gefährt, dem Wasserstoffbus.

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