Schwabinger Kunstschatz

Korrekt zitiert?

Von Michael Watzke · 29.01.2014
"Freiwillig gebe ich nichts zurück", so hatte das Magazin "Spiegel" den Kunstsammler Cornelius Gurlitt zitiert. Falsch zitiert, behauptet Gurlitts Münchner Anwalt Hannes Hartung.
"Diesen Satz kann er so nicht gesagt haben. Wahrscheinlich hat die Journalistin vom Magazin ihn falsch verstanden. Weil er hat ja auch schon in einem anderen Fall, beim ´Löwenbändiger` von Max Beckmann, eine gemeinsame und faire Lösung mit den Erben Flechtheim gesucht und gefunden."
Auch bei anderen Werken, so Anwalt Hartung, sperre sich Cornelius Gurlitt nicht gegen die Rückgabe. Darunter beispielsweise das Bild "Pferde nach links" von Max Liebermann sowie …
"…ein Bild von Matisse, ´Die Sitzende Frau`, das ist aus dem ehemaligen Eigentum von Herrn Rosenberg. Elaine Rosenberg ist eine betagte Dame in New York. Ich habe schon mit ihrem Anwalt gesprochen, auch persönlich in London."
Cornelius Gurlitt sei sehr daran gelegen, in umstrittenen Fällen eine einvernehmliche Lösung zu finden.
Unter Raubkunst-Verdacht
"Das sind aber wirklich nur eine gute handvoll echter Anfragen, die einen gewissen Raubkunst-Verdacht haben. Deswegen kann ich überhaupt nicht nachvollziehen, warum die Taskforce und auch die Staatsanwaltschaft mehr als 500 Bilder pauschal unter Raubkunst-Verdacht gestellt hat. Und das dann auch entsprechend unter lostart.de ins Internet gestellt hat."
Die Staatsanwaltschaft Augsburg und die Taskforce "Raubkunst" in Berlin sehen das anders. Die Herkunft von mehr als 450 Kunstwerken der Sammlung sei zweifelhaft. Nur etwa 330 der 1280 Kunstwerke seien eindeutig nicht belastet, sagt Staatsanwalt Reinhard Nemetz.
"Es gibt Gegenstände – wie sich dann im Laufe der Ermittlungen rausgestellt hat – die unzweifelhaft dem Beschuldigten gehören. Und dann sind sie ihm herauszugeben."
Das allerdings schafft das nächste Problem: Wo soll der 81jährige Cornelius Gurlitt diese Bilder lagern? Seine Wohnung am Arthur-Kutscher-Platz in München, in der er die Sammlung jahrzehntelang versteckt hielt, scheidet schon aus Sicherheitsgründen als Lagerstätte aus, sagt Gurlitts Anwalt Hannes Hartung.
"Wir sind gerade auf der Suche nach geeigneten und gesicherten Räumen, die für unseren Mandanten den ungetrübten Umgang mit seinen Bildern ermöglicht. Und wir sind der Meinung, dass so etwas natürlich auch eine Aufgabe der öffentlichen Hand ist. Die ja das Ermittlungsverfahren – mit teilweise auch unzutreffenden Informationen - an die Öffentlichkeit durchgereicht hat. Und deshalb muss man natürlich auch die Frage stellen, wer die Verantwortung der sicheren Verwahrung seiner Sammlung trägt."
Im bayerischen Justizministerium fürchtet man insgeheim, Gurlitt könnte wegen möglicher Verfahrens- oder Formfehler der bayerischen Behörden einen teuren Schadensersatz-Prozess gegen den Freistaat anstrengen. Bayerns Justizminister Winfried Bausback findet,
"…dass es für alle Beteiligten und auch für das Interesse Deutschlands und Bayerns in der Welt richtig und sinnvoll wäre, wenn man eine einvernehmliche Lösung auch mit Herrn Gurlitt herbeiführen könnte."
"Lex Gurlitt"
Gleichzeitig hat Bausback aber auch eine Bundesratsinitiative für eine Gesetzesänderung gestartet. Die sogenannte "Lex Gurlitt" soll vor allem die Verjährungsfristen deutlich verlängern, wenn jemand Raubkunst besitzt und wusste, dass diese Kunstwerke gestohlen waren. Der juristische Kernbegriff dabei ist "Bösgläubigkeit". Im konkreten Fall Gurlitt also die Frage: wusste Cornelius Gurlitt, wie sein Vater Hildebrand die Werke erworben hatte? Und war dem Sohn bewusst, dass der Vater die Sammlung vor dem Zugriff der Behörden schützte, indem er behauptete, sie sei beim Bombenangriff auf Dresden 1945 zerstört worden? Anwalt Hartung verteidigt seinen Mandanten.
"Also er war sicher nicht bösgläubig. Schauen Sie, es ist unheimlich viel Raubkunst in deutschen Museen. Und die ´Lex Gurlitt’ sieht ja vor, dass eine Berufung auf die Verjährungsfrist nicht statthaft ist, wenn eine Bösgläubigkeit beim Betroffenen festzustellen ist. Ich kann von meinem Mandanten nur sagen, dass er zu Recht davon ausging, dass sein Vater die Sammlung legitim und legal vom NS-Machthaber erworben hat."
Ob das zutrifft, müssen möglicherweise bald Gerichte klären.
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