Dienstag, 30. April 2024

Archiv


Funkstille in der Uni

Das Berliner Uniradio geht zum letzten Mal auf Sendung, die Mitglieder des Trägervereins haben die Finanzierung eingestellt. Die Medienmetropole ohne Uniradio? Rettung naht durch eine Förderung der Medienanstalt Berlin Brandenburg. Für Uniradio-Macher Tim Fiege der falsche Weg.

Von Philip Banse | 29.10.2010
    "Einen wunderschönen guten Abend, herzlich willkommen zur vorletzten Sendung von Uniradio Berlin Brandenburg, beziehungsweise besser gesagt zur vorletzten Sendung Campus live. Ich bin Philip Blanke und freue mich sehr, dass Ihr bei uns seid, um die letzten gemeinsamen Stunden mit uns zu verbringen, etwas melancholisch gestimmt, aber dennoch in gewohnter Qualität."

    Das Berliner Uniradio sendet Montag bis Freitag, 16 bis 17 Uhr auf der Berliner UKW-Frequenz 88,4. Im Prinzip gibt es drei Sendungen: dienstags eine Kinosendung von ehemaligen Studierenden, Donnerstag eine Büchersendung der Hochschule der Künste und drei Mal die Woche Campus Live:

    "Die bundesweite Bibliotheken-Woche findet heute statt, darüber werden wir etwas sprechen. Außerdem war unsere Redakteurin Ingrid Beerbaum auf dem russischen Dokumentarfilmfestival in Perm."

    Doch heute endet nicht das Berliner Uniradio, sondern seine wichtigste Sendung.

    Campus Live geht heute Nachmittag 16 Uhr zum letzten Mal über den Äther, sagt Tim Fiege, Ex-Student und einer der beiden bezahlten Mitarbeiter des Uniradios:

    "Heute hört Campus live auf. Das ist eine Sendung, die in den letzten Jahren das Flagschiff war von Uniradio. Hier haben sich Studenten ausprobiert, hier hat die tägliche redaktionelle Arbeit statt gefunden. Hier haben wir uns morgens getroffen, hier haben wir uns überlegt, was können wir thematisieren, was sind die wichtigsten Themen für Studenten in dieser Woche. Und das muss leider eingestellt werden."

    Denn es fehlt das Geld. Getragen wird das Berliner Uniradio von einem Verein, Mitglieder dieses Vereins sind die großen Universitäten und Hochschulen. Doch die haben einer nach dem anderen die Zahlungen an das Uniradio eingestellt. Allein die Universität der Künste (UdK) hat noch gezahlt, jährlich 10.000 Euro. Doch auch diese Zahlungen werden jetzt eingestellt. Der zuständige Leiter des Studiengangs Kulturjournalismus, Carsten Großeholz, sagte am Telefon, sein Studiengang produziere die Büchersendung für das Uniradio und werde dies auch weiterhin tun. Die alleinige Finanzierung der restlichen Sendungen des Uniradios habe er in den Gremien der Kunsthochschule nicht durchsetzen können. Denn: Das Geld der UdK geht allein in die Honorare der beiden Mitarbeiter von Campus live. Alles andere wird von der Medienanstalt Berlin Brandenburg gestellt: Studio, Redaktionsräume, Frequenzen, Computer. Alle Beiträge und Moderationen werden von unbezahlten Studierenden gestemmt, sagt einer der beiden bezahlten Mitarbeiter Tim Fiege:

    "Es geht um 600 Euro für meinen Kollegen und mich jeweils. Es geht nur noch um diese winzigen Honorare für meinen Kollegen und mich, sonst fallen keine Kosten an."

    "Man hätte es ja vielleicht weiter führen können mit studentischer Initiative. Da hat sich niemand dafür gefunden."

    Sagt Winfried Göpfert, emeritierter Professor am Institut für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft der FU Berlin und Vorsitzender des Vereins, der das Uniradio trägt.

    "Die Institute - das Institut für Publizistik hier an der FU, der Ausbildungsträger hier in der Region und die UdK - haben beide gesagt: Ein ganzes Radio ist uns einfach zu viel. Das ist auch wirklich ziemlich viel Aufwand. Wir haben das damals geschafft mit Kräften, die wir angeheuert haben, weil die Mittel auch da waren. Aber die sind eben jetzt nicht mehr da und die Institute konzentrieren sich auf Einzelprojekte."

    Die Medienmetropole Berlin quasi ohne Uniradio? Nicht ganz. Die Medienanstalt Berlin Brandenburg hat den Hochschulen ein attraktives Angebot gemacht: Statt Geld auszugeben für ein Uniradio, können sich die Hochschulen jetzt fördern lassen: Die Medienanstalt stellt Studioausrüstung und/oder Personal. Damit können die Hochschulen Programm produzieren - eingebunden in ihre Curricula und damit attraktiv für die Studierenden. Diese Sendungen sollen dann ausgestrahlt werden auf jenen Plätzen, auf denen heute das Uniradio sendet. Auf Nachfrage hat die Medienanstalt bestätigt, dass alle großen Universitäten sich bereits Interesse angemeldet haben und bald Förderanträge stellen wollen. Für Uniradio-Macher Tim Fiege der falsche Weg:

    "Ich glaube, es gibt für Studenten, die vielleicht nicht gerade Publizistik oder Kulturjournalismus hier in Berlin studieren, keine Möglichkeit mehr geben wird, redaktionelle Erfahrungen zu sammeln. Und es gibt keine zentrale Anlaufstelle mehr."