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Radsport
Machtkampf der Verbände

Der Tour-de-France-Veranstalter geht im Reformstreit mit dem Weltverband auf Konfrontationskurs. Die ASO kündigte an, ihre Rennen ab der Saison 2017 nicht mehr innerhalb der World Tour der UCI, der Königsklasse des Radsports, zu veranstalten.

Holger Gerska im Gespräch mit Bastian Rudde | 19.12.2015
    Massensprint bei der Tour de France
    Massensprint bei der Tour de France (picture alliance /dpa / Dirk Waem)
    "Es geht wie immer ums Geld", sagte ARD-Radsportexperte Holger Gerska im DLF zu den Hintergründen des Streits. Im Radsport gebe es keine Formel-1-Verhältnisse, dass praktisch die Rennserie über das Jahr in einer Hand liege und dass davon die Teams und die Fahrer profitierten.
    "Im Radsport sind die Rennveranstalter diejenigen, die die Fernsehverträge schließen, zum Beispiel auch die ASO für die Tour de France, die das lukrativste Rennen ist", erläuterte Gerska. "Das Geld fließt ausschließlich in die Kassen der ASO, die davon die Tour de France bestreitet und auch manch anderes großes Rennen." Aber es gebe keine Ausschüttungen für die Mannschaften. Seit langem sei es ein "offenes Geheimnis", dass die Teams dagegen meuterten, um an den Einnahmen zu partizipieren.
    Nach den Worten des Radsport-Experten ist die Auseinandersetzung in die nächste Stufe getreten, "dass der Radsport-Weltverband sagt, wir nehmen die Rennserien in unsere Hand, wir weiten sie aus, wir beschneiden damit die Rechte der Rennveranstalter und damit trifft man natürlich die mächtige ASO auf dem falschen Fuß. Die hat so reagiert, dass sie gesagt haben, dann treten wir erst einmal aus eurer Rennserie aus."
    Nach Einschätzung Gerskas finden die Fahrer die Forderungen des Weltverbands auf den ersten Blick erst einmal gut, nicht jedoch die geplante Ausweitung des Rennkalenders auch auf andere Kontinente wie Amerika, China oder Australien. Damit seien Kosten und Strapazen verbunden.
    Gerska sieht derzeit die ASO in der stärkeren Position, da sie nicht nur die Rechte an der Tour de France halte, sondern auch die Spanien-Rundfahrt veranstalte sowie das wichtigste Eintagesrennen Paris-Roubaix oder den ältesten Klassiker Lüttich-Bastogne-Lüttich. Diese würden jetzt zurückgestuft in die 2. Liga. "Es kann nicht sein, dass in der 1. Liga des Radsports dann eher zweitklassige Rennen sind und die wirklich Wichtigen finden sozusagen in der 2. Liga statt. Das ist eigentlich absurd", betonte Gerska.
    Gerska rechnet mit einem langen, intensiven Kampf. Es könnte höchstens dazu führen, dass sich die Mannschaften schließlich einig sind und die Rennen der ASO boykottieren. Das wäre die letzte Eskalationsstufe, um etwas zu verändern. Aber das will eigentlich keiner.
    Das vollständige Gespräch können Sie bis mindestens 19. Juni 2016 nachhören.