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Illegaler Hausbau
"Im Stich gelassen und verarscht"

Die eigenen vier Wände mit Blick in die Natur: Davon hat auch ein Paar aus Schleswig-Holstein geträumt. Sie kauften sich ein Haus mit Anbau - dort sollten die Eltern mit einziehen. Als der Kaufvertrag unterschrieben war, stellte sich raus, dass der Anbau illegal ist. Das Paar erlebt seitdem einen Albtraum.

Von Hauke von Hallern | 18.12.2017
    Gerüstbauer errichten in Hamburg auf einer Brückenbaustelle in der Hafencity ein Gerüst.
    Experten raten interessierten Hauskäufern vorab unbedingt zu einem Besuch auf dem Bauamt (dpa / Christian Charisius)
    Der neue Ordner mit den Hausunterlagen wirkt schon etwas mitgenommen: Immer wieder hat Maja Hartwig ihn aufgeklappt und das inzwischen abgegriffene Papier nach einer Baugenehmigung durchgeforstet – gefunden hat sie nichts.
    "Das heißt der vorherige Besitzer hat diesen Anbau nicht beim Bauamt angemeldet, beziehungsweise genehmigen lassen."
    Mehr als die Hälfte der Wohnfläche liegt im illegalen Anbau.
    "Wir wollten das die erste Zeit nicht wahrhaben und haben unsere Ordner durchforstet, ob wir nicht noch irgendwo Unterlagen finden und konnten noch gar nicht glauben, dass das wahr ist."
    Immerhin: Das Lübecker Bauamt hat dem Paar in Aussicht gestellt, den Anbau auch im Nachhinein zu genehmigen, allerdings nur nach einem Umbau. Das Paar hat jetzt viel Arbeit vor sich. Gerade sind die beiden dabei das Haus zu entkernen. Nach den Bauarbeiten ist für Ansgars Eltern allerdings kein Platz mehr.
    "Die Finanzierung war auch dementsprechend geplant. Also wir wollten eine Einliegerwohnung haben, um auch ein bisschen Entlastung bei den Raten zu haben, dementsprechend stehen wir so ein bisschen vor dem finanziellen Ruin. Wir müssen dann schauen, ob es finanziell überhaupt möglich ist, Kinder in die Welt zu setzten und das Ganze beunruhigt uns schon und dementsprechend haben wir auch Zukunftsängste."
    Viele kleine illgale Bauten - gerade auf dem Land
    Schwarzbauten sind in Schleswig-Holstein keine Seltenheit. Gerade auf dem Land gebe viele kleine illegale Bauten wie Schuppen oder Wintergärten, erklärt Rechtsanwalt Martin Rathsack vom Eigentümerverband Haus und Grund. Er rechnet mit einigen Tausend. Die Bauämter seien in solchen Fällen aber meist kulant.
    "Wenn das Haus genehmigungsfähig ist, also die grobe Möglichkeit besteht, dass an der Stelle überhaupt gebaut wird, dann ist es im Normalfall so, dass die Baubehörden dieses auch genehmigen."
    Trotzdem rät Rathsack beim Häuserkauf zu einem Besuch auf dem Bauamt. Er empfiehlt die Genehmigungen genau zu überprüfen. Wer auch schon einen Schwarzbau gekauft hat, sollte sich bei der Behörde melden und den Fall offen schildern.
    "Dann erreicht man häufig eine kulantere Reaktion, als die manchmal doch sehr harsche Reaktion, wenn das Bauamt es selber rausfindet."
    Wenn es durch den Schwarzbau zum Beispiel Probleme mit dem Brandschutz gibt, oder in einem Naturschutzgebiet gebaut wurde, dann droht im schlimmsten Fall der Abriss.
    Maja und Ansgar haben nach einer ersten Schätzung etwa 80.000 Euro zu viel bezahlt. Besonders bitter: Professionelle Baupläne vom Anbau haben bei Maja und Ansgar den Eindruck erweckt, dass dieser genehmigt wurde. Außerdem ist der Anbau auf den Katasterplänen zu sehen. Auch das ist kein Beleg für eine Baugenehmigung.
    "Auch das weiß man als Laie nicht. Wir haben diese mit dem Kauf erhalten und haben gesehen, ach der ist eingezeichnet der Anbau – toll dann scheint das ja alles rechtens zu sein."
    "Im Stich gelassen und verarscht"
    Geld bekommen die beiden nicht zurück. Und das, obwohl auch ein Makler und ein Gutachter beteiligt waren. Doch die haben eine Klausel im Vertrag, die eine Haftung ausschließt. Auch die Verkäuferin sei nicht zu belangen, erzählt Hartwig.
    "Uns erschreckt, dass ein Makler, der nun nicht gerade wenig Geld von uns bekommen hat, überhaupt einen Schwarzbau verkaufen darf, beziehungsweise dass wir diesen nicht belangen können aufgrund seiner Klausel in dem Vertrag. Die Verkäuferin weigert sich uns Geld zurückzuzahlen, da sie dieses Haus nur geerbt hat. Ihr Mann hat diesen Anbau selbst gebaut und sie wusste wohl nicht, dass das ein Schwarzbau ist. Wir müssten der Verkäuferin das nachweisen und das können wir nicht und dementsprechend sitzen wir nun auf unserem Scherbenhaufen."
    Makler, Gutachter und Verkäuferin wollen sich zu dem Fall nicht äußern. Ehemann Ansgar Dunker macht das sauer.
    "Ich fühle mich auf Deutsch im Stich gelassen und verarscht."
    Das Paar will den Anbau jetzt im Nachhinein genehmigen lassen. Dazu muss das Haus für viel Geld umgebaut werden. Dazu kommen Kosten für den Rechtsanwalt und die fehlenden Mieteinnahmen: All das bringt das junge Paar in große finanzielle Schwierigkeiten. Maja überlegt jetzt ihr Pferd zu verkaufen, damit mehr Geld für den Kredit übrig bleibt.