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Mehr als nur Argumentationshilfe

Als Abteilung der Philosophie genießt der Studiengang Logik seinen Exotenstatus und muss aber von Zeit zu Zeit um seine Existenz bangen. Denn er ist kleinste in Deutschland. Manchmal sitzen dem Professor nur drei Studierende gegenüber. Doch das hat nichts mit Gemütlichkeit zu tun denn hier wird Spitzenforschung betrieben, die der großen Universität Leipzig sehr nutzen kann.

Von Thomas Matsche | 26.10.2010
    "Hiermit begrüße ich Sie ganz herzlich im Namen des Instituts für Philosophie, speziell der Abteilung für Logik und Wissenschaftstheorie. Heute ist das für uns praktisch eine Art Vollversammlung. Wir sind ja nur ein kleinerer Studiengang."

    Semestereröffnung bei Professor Thomas Bartelborth. Alle eingeschriebenen Studierenden des Masterstudiums Logik sind anwesend. Und trotzdem reicht ein kleiner Seminarraum. Denn nur fünf Studierende sind neu hinzugekommen, sieben stammen aus dem ersten oder zweiten Semester. Sie alle werden von drei Professoren betreut. Traumhafte Lernbedingungen sagt die Studentin Wiebke Nadler, die vor zwei Jahren mit Logikstudium an der Uni Leipzig begann:

    "Und zwar einerseits, weil es von der Atmosphäre her großartig ist, weil man auch einen sehr, sehr engen Kontakt zu den Lehrenden pflegt, die sich auch wirklich um jeden Einzelnen kümmern und wenn man irgendwie was nicht verstanden hat, dann sind die einfach auch da. Und andererseits aber auch, weil Logik ein Fach ist, was ich empfehlen würde, wenn man diese Neigung hat, wirklich theoretisch zu arbeiten und sich auch vorstellen könnte, in der Forschung zu bleiben."

    Ein Jahr Logikstudium habe Wiebke Nadler gebraucht, um zu verstehen, was Logik eigentlich ist. Dass man sich in der Logik zum Beispiel mit semantischen Einheiten in der Sprache beschäftigt und in Seminaren lernt, die Aussagen von Wikipedia-Artikeln durch mathematische Beweise zu widerlegen. Diese komplexen Fragen lassen sich am besten gemeinsam klären, dachten sich die sieben Studierenden des ersten Jahrgangs und haben sich zu einer festen Gruppe zusammengetan. Sie lernen nicht nur gemeinsam, sondern verbringen auch die Freizeit miteinander. Ein Uni-Leben wie aus dem Bilderbuch. Was jedoch danach beruflich daraus werden soll, ist für Wiebke Nadler noch nicht klar. Vielleicht etwas im Bereich künstliche Intelligenz. Andere Absolventen werden sich mit zum Beispiel automatischer Spracherkennung beschäftigen. Die Vielfalt der Interessen befruchtet das Studium, auch für den Lehrenden, freut sich Dr. Peter Steinacker, einer der drei Dozenten:

    "Ich habe sehr viel gelernt in den Lehrveranstaltungen. Eigentlich sollte man ja sagen: Ich habe dort was zu transportieren, das mache ich auch, aber ich habe sehr viel gelernt durch außerordentlich intelligente Fragen, durch Anstöße doch noch über dieses oder jenes Mal nachzudenken, obwohl ich das schon eine Weile mache und das ist beglückend."

    Doch trotz aller Euphorie, so ein kleiner Lehrstuhl muss sich immer wieder legitimieren. Die Existenzfrage stellt sich alle drei Jahre. Bereits 2007 musste das Logik-Institut einen harten Sparkurs durchmachen. Der Studiengang wurde zusammengestrichen. Aus dem Magister- ein Masterstudiengang gemacht. 250 Studierende waren damals eingeschrieben. Heute können im Logik-Master lediglich bis zu sieben Studierende pro Semester anfangen. Aus acht Dozentenstellen sind drei geworden. Wenn Professor Wolfgang Fach, Prorektor für Lehre und Studium an der Uni Leipzig, an kleine Fächer wie die Logik denkt, treten Sorgenfalten auf seine Stirn. Denn auch aktuell wird in Sachsen über Kürzungen im Hochschulbereich gestritten:

    "Langfristig wird man über den Stellenwert der Logik diskutieren müssen weil im Rahmen der Stelleneinsparungen, die uns bevorstehen und die dreistellige Zahlen ausmachen werden, in dem Rahmen ist es natürlich ein harter Konkurrenzkampf, weil die Logik ist ein sehr kleines Fach und jetzt ist Leipzig zwar renommiert als Uni der kleinen Fächer, aber wir haben viele kleine Fächer. Es könnte durchaus sein, dass irgendwann mal die Frage entsteht: Logik oder Indologie? Logik oder Religionswissenschaft? Und in dem Streit weiß man heute noch nicht, wie es ausgeht."

    Persönlich hält Wolfgang Fach die Logik für unverzichtbar. Wenn es nach ihm ginge, müssten alle Studienanfänger ein Pflichtmodul Logik absolvieren. Ist sie doch die Voraussetzung für wissenschaftliches Arbeiten, so Wolfgang Fach. In der Philosophischen Fakultät der Uni Leipzig ist das schon Praxis. Dort müssen alle Studierenden einen Leistungsschein im Logik-Seminar "Rationales Argumentieren" erwerben. Was natürlich gut ist für den Mini-Studiengang: Denn dieses fächerübergreifende Angebot der Logiker könnte diesen in Zukunft vielleicht die Existenz sichern.

    Infos:
    Uni Leipzig - Institut für Philosophie: Logik und Wissenschaftstheorie