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Lieber reparieren als wegwerfen

Der Riemen ist abgerutscht, also weg mit dem Wäschetrockner? Lieber reparieren lassen statt Elektroschrott produzieren, sagt ein Koblenzer Geschäftsmann. Er gründete die Internet-Initiative www.Deutschland-repariert.de. Finden kann man dort über die Postleitzahlsuche Werkstätten in der Nähe, die nach diesem Prinzip arbeiten.

Von Henning Hübert | 12.07.2011
    Vertieft ins Service-Gespräch – so kennen die Kunden Erich Schönenberg. Der Elektroinstallateur betreibt in der Fußgängerzone in Linz am Rhein ein alteingessenes Fachgeschäft. Im Schaufenster Fernseher, innen aber auch Elektrofahrräder, Toaster und Saftkocher. Hinten in der Kaffeeküche brummt sogar noch ein Bosch-Kühlschrank aus den 1950er-Jahren. Der zeigt: Hier wird nicht sofort ausgesondert und weggeschmissen, hier wird noch repariert. Möglich macht das der Koblenzer Großhändler für Elektroersatzteile, Hans Krempl. Dieser beliefert über 1000 Fachbetriebe. Und damit diese auch von umweltbewussten Kunden gefunden werden, hat Krempel das Internet-Portal
    Deutschland repariert gestartet. Davon profitiert auch Elektroinstallateur Schönenberg in Linz am Rhein. Raus zu den Kunden fahren zu Reparaturversuchen – das macht neben dem Geräteverkauf im Geschäft etwa die Hälfte seiner Umsätze aus.

    "Die Mitgliedschaft ist noch Gott sei Dank kostenlos. Ich bin der Meinung, jeder der vernünftig repariert, sollte sich daran beteiligen, weil dann der Verbraucher auch die Möglichkeit hat, jemanden zu finden, der auch vernünftig repariert."

    Schon beim Kunden bekommt Erich Schönenberg 99 Prozent der Waschmaschinen wieder flott, bei Spülmaschinen sind es immerhin noch 75 Prozent. Bevor der Kundendienst rausfährt, sollte der Kunde allerdings abschätzen, was er für die Reparatur auszugeben bereit ist:

    "Hat das Gerät überhaupt die Chance, noch mal fünf Jahre zu laufen oder ist das Endalter schon bei fünf Jahren erreicht, dass man sagt, hier hat selbst eine Reparatur von 50 Euro keinen Sinn mehr? Bei Mittelklassehaushaltsgeräten: Reparaturen von 150 bis 250 Euro sind immer noch lohnenswert."

    Die Ersatzteile dafür bekommt Erich Schönenberg aus Koblenz geliefert. In einer großen Halle im Industriegebiet hat der Kaufmann Hans Krempl Junior 30.000 Ersatzteile auf Lager. Eine ungeheure Teilevielfalt sei das, die oft den Austausch schwierig macht, weil es von Hersteller zu Hersteller kleine Unterschiede gebe. Hans Krempl zählt auf, was regelmäßig beim Endverbraucher kaputt geht:

    "Das fängt an bei einer Kaffeemaschine: eine Brühgruppe. Da haben wir ein sehr wertiges Gerät, bei dem sich die Reparatur doppelt oder dreifach rechnet. Und das geht dann weiter: Mikroschalter Staubsauger. Pumpe, Heizung, Türmanschette bei einer Waschmaschine. Thermostat beim Kühl-Gefriergerät. Das sind so kleine Bauteile, die relativ wenig an Teilekosten verursachen, und dann mit Lohn und Einbau sich trotzdem noch rechnen."

    Für bis zu zehn Jahre alte Geräte sind Ersatzteile in der Regel gut zu bekommen. Allerdings gibt es Probleme bei Billig-Elektrogeräten vor allem vom Discounter: Da werde im Innern oft nicht mehr geschraubt, sondern nur genietet. Damit bedeute jeder Reparaturversuch auch das Zerstören intakter Gerätepartien. Anders das Bild bei typischen Reparaturen, etwa einem Lagerschaden bei einer Waschmaschinentrommel. Hans Krempl geht es dabei auch um den Umweltschutz:

    "Carboran ist der Bottich, das was um die Waschmaschinentrommel herum ist. Quasi die Halterung. Dieses Gehäusebauteil ist ein Spezialkunststoff, kein Metall mehr, der auch in der Luftfahrttechnik eingesetzt wird. Dieser Spezialkunststoff wird eingeschmolzen und kann acht bis zehn mal wiederverwendet werden für wieder einen Sockel oder ein anderes Bauteil einer Waschmaschine."

    Auf Deutschland-repariert.de wird auch ein Reparaturforum angeboten. Tüftler und Fachleute können sich dort Reparaturtipps geben. Für viele der erste Schritt vor dem Anruf beim Elektriker. Dass das natürlich auch Kundschaft kosten kann, weiß auch der Forenbetreuer Wolfgang Euerle von der Firma Krempl-Haustechnik. Er warnt deshalb: Spannungsmesser im Haus erspart nicht den Elektriker:

    "Wenn Wasser führende und noch schlimmer elektrische Bauteile betroffen sind, dann ist der Laie an einer Grenze angelangt und dann empfehlen wir den Fachbetrieb."

    Hände weg gilt für Laien in jedem Fall auch bei Mikrowellen, weil selbst mit gezogenem Stecker beim Öffnen Stromschlag vom unter Hochspannung stehenden Kondensator droht. Mut macht das Reparaturforum aber auch: Jeder handwerklich einigermaßen begabte Laie darf sich gerne selbst an Korbrollen beim Geschirrspüler heranmachen, aber auch an Türscharniere bei Hausgeräten oder die Drehknöpfe am Elektroherd. Statt schnell ein Neugerät zu ordern.