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Artensterben
Experte warnt vor wirtschaftlichen Konsequenzen für die Landwirtschaft

Auf dem Treffen des Weltbiodiversitätsrates in Bonn wurde diese Woche über das Thema biologische Vielfalt gesprochen. Dabei ging es auch um tatsächliche Folgen des Artensterbens, zum Beispiel bei Bestäubern wie Bienen, betonte Axel Paulsch vom Institut für Biodiversität in Regensburg im DLF-Interview.

Axel Paulsch im Gespräch mit Stefan Römermann | 16.01.2015
    Stefan Römermann: Die alte Bundeshauptstadt Bonn wird immer mehr zur Umwelthauptstadt. Seit dem Umzug der Bundesregierung nach Berlin haben sich in Bonn immer mehr Umweltorganisationen angesiedelt. Seit ein paar Jahren ist dort auch der Sitz des Weltbiodiversitätsrates, einer UN-Organisation, die sich um das Thema biologische Vielfalt kümmern soll.
    In dieser Woche haben sich in Bonn Wissenschaftler und Politiker aus aller Welt getroffen, um eine Art Fahrplan für die nächsten Jahre zu erarbeiten. Darüber möchte ich jetzt sprechen mit Axel Paulsch vom Institut für Biodiversität, ein Netzwerk in Regensburg. Herr Paulsch, vielleicht zuerst mal: Was verstehen Sie denn eigentlich unter Biodiversität und warum ist das ein Thema, das vielleicht nicht nur für Ökobauern interessant ist?
    "Wir hängen von der Vielfalt des Lebens ab"
    Axel Paulsch: Die Biodiversität ist die Vielfalt des Lebens um uns herum, die Vielfalt der Arten, Pflanzen, Tiere, Bodenorganismen, Ökosysteme. Und warum ist das für uns wichtig? ..., weil wir davon abhängen. Wir beziehen unsere Nahrungsmittel daraus, sei es aus Pflanzenanbau, sei es aus Fischfang. Die Qualität und Fruchtbarkeit unserer Böden hängt von den Bodenorganismen ab. Die Qualität unseres Trinkwassers hängt davon ab, dass funktionierende Ökosysteme das Wasser sauber halten.
    Die meisten unserer Medikamente basieren auf pflanzlichen Wirkstoffen, die wir irgendwann mal aus Pflanzen entnommen haben, auch wenn wir sie inzwischen zum Teil technisch herstellen können. Aber von dieser Vielfalt hängen wir ab und wir sind ein Teil der Ökosysteme um uns herum und wir leben davon und deswegen müssen wir schauen, dass wir sie nachhaltig nutzen und nicht übernutzen und die Leistungen, die uns diese Systeme liefern, gefährden.
    Römermann: Wo sind denn da die dringendsten Probleme? Was muss ich mir da vorstellen? Vielleicht können Sie das an ein, zwei Beispielen festmachen.
    Paulsch: Wenn wir mal auf unsere Weltmeere gucken, dann kann man sagen, dass 70 Prozent der Fischbestände bereits überfischt, zum Teil unwiederbringlich überfischt sind und wir da auf ein Thema zusteuern, wo wir nicht sagen können, wie wir da in Zukunft den Teil der Menschheit, der hauptsächlich von Fischen lebt und vom Fischfang sich ernährt, weiter halten können.
    Uns sterben Arten aus, von denen wir nicht wissen, welche Funktionen sie in bestimmten Ökosystemen haben. Es kann sein, dass eine Art, die wir als zunächst gar nicht wichtig betrachtet haben, plötzlich deren Fehlen dazu führt, dass ein ganzes System sich anders verhält als vorher und nicht mehr die Leistung bringt, die wir uns erhofft haben für Fruchtbarkeit oder für Trinkwasserreinhaltung.
    Artensterben hat Konsequenzen für tägliches Leben
    Römermann: Denken Sie bei diesem Aussterben einer Art gerade an irgendwas Spezielles? Können Sie das auch vielleicht an einem Beispiel noch ein bisschen konkreter machen? Es wird ja häufig von der Biene geredet, wenn die aussterben würde.
    Paulsch: Ja. Dieser Weltbiodiversitätsrat hat ja gerade als einen Teil seines Arbeitsprogramms einen Zustandsbericht darüber in Arbeit, wie es denn um Bestäuber, insbesondere Bienen und Wildbienenarten aussieht und welche Leistungen die für unsere Obsternte zum Beispiel bringen. Und wenn wir diese Arten verlieren - und das tun wir zunehmend -, hat das auch wirtschaftliche Konsequenzen auf unsere Landwirtschaft.
    Es geht nicht nur darum, dass ein schöner Schmetterling irgendwann nicht mehr da ist und dass das einfach nur schade ist, sondern es geht auch darum, dass das tatsächlich Konsequenzen für unser tägliches Leben haben kann, wenn Arten verschwinden.
    Römermann: Welche Rolle spielt jetzt der Biodiversitätsrat in dieser Angelegenheit?
    Paulsch: Dieser Biodiversitätsrat ist ein vor zwei Jahren neu ins Leben gerufenes Gremium, in dem derzeit 123 Staaten Mitglied sind, und die Idee dahinter ist, dass man politischen Entscheidungsträgern das möglichst beste zur Verfügung stehende Wissen zur Verfügung stellen kann.
    Die Aufgabe ist, bestehendes Wissen zu aktuellen Umweltfragen zusammenzutragen und in einer Form aufzubereiten, dass ein politischer Entscheider damit etwas anfangen kann, indem man Handlungsoptionen aufzeigt und sagt, wenn wir das und das so und so weitermachen, wird mit aller Wahrscheinlichkeit das und das passieren, und wir könnten im Gegenteil das und das tun, um bestimmte Sachen zu retten, zu erhalten und so weiter. Das was hier passiert ist, dass die politischen ...
    Römermann: Wir müssen leider an der Stelle abbrechen, weil uns die Zeit wegläuft. - Axel Paulsch vom Institut für Biodiversität in Regensburg, ganz vielen Dank für diese Informationen und viele Grüße nach Bonn.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.