Dienstag, 30. April 2024

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Türkei
Regierung zieht umstrittenes Gesetz zu Sexualstraftätern zurück

Nach heftiger Kritik hat die türkische Regierung den Gesetzentwurf zum Sexualstrafrecht in letzter Minute zurückgezogen. Die Vorlage werde überarbeitet, sagte Ministerpräsident Binali Yildirim. Auch die Opposition könne nun Änderungsvorschläge einbringen. Ursprünglich hätte das Gesetz in bestimmten Fällen zu Straffreiheit bei sexuellem Missbrauch von Minderjährigen führen können.

22.11.2016
    Frauen demonstrieren in Istanbul gegen das von der Regierung geplante Gesetz zum Sexualstraftrecht.
    Die Proteste gegen den Gesetzentwurf zum Sexualstrafrecht der türkischen Regierung haben Wirkung gezeigt. (pa/dpa/EPA/Turkel)
    Eigentlich sollte das Parlament heute über den Entwurf heute abstimmen, nachdem er in der vergangenen Woche in erster Lesung gebilligt worden war. Der Entwurf sieht vor, dass der Täter bei sexueller Gewalt gegen Minderjährige unter Umständen ohne Strafe davonkommt, wenn er das Opfer später heiratet. Dies sollte in Fällen gelten, in denen die Tat ohne "Gewalt, Drohung oder jegliche andere Form von Zwang" erfolgte.
    Die Regierung will mit dem Gesetz nach eigenen Angaben Kinder schützen, die in Ehen mit Minderjährigen geboren wurden. Die Opposition und Menschenrechtsorganisation kritisierten das geplante Gesetz hingegen scharf. Tausende Menschen beteiligten sich an Protestkundgebungen. Frauenverbände sprachen von Amnestie für Sexualstraftäter. Eine Online-Petition sammelte fast 800.000 Unterschriften.
    Gestern schaltete sich schließlich Präsident Recep Tayyip Erdogan in die Diskussion ein und verlangte eine Überprüfung des Gesetzesvorhabens. Er rief die Regierung auf, "diese Probleme in einem Geist des breiten Konsens zu lösen und dabei die Kritik und die Empfehlungen aus verschiedenen Bereichen der Gesellschaft zu berücksichtigen".
    (fwa/jcs)