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Neues Gesetz in Polen
Bezeichnung von Auschwitz als "polnisches KZ" wird bestraft

Wer von Auschwitz als "polnischem Konzentrationslager" spricht, den will Polens Justizminister in Zukunft strafrechtlich verfolgen. Das gilt auch für Ausländer und für den Fall, dass es sich nur um einen sprachlichen Lapsus handelt. In der Praxis dürfte das neue Gesetze Probleme mit sich bringen.

Von Henryk Jarczyk | 19.08.2016
    Auschwitz-Birkenau war das größte der deutschen Vernichtungslager.
    Auschwitz-Birkenau war das größte der deutschen Vernichtungslager. (dpa / picture alliance / Simon Daval)
    Für viele dürfte es keine Absicht, vielmehr ein sprachlicher Lapsus sein. In Polen indes werden fälschliche Umschreibungen für ehemalige NS-Konzentrationslager nahezu immer als bewusste Geschichtsklitterung empfunden. Und zwar zu Recht, meint Polens Justizminister Zbigniew Ziobro: "Jeder Pole kocht vor Wut, wenn wir etwa in deutschen Medien hören oder deutschen Zeitungen lesen, dass es polnische Konzentrationslager gab. Dass es polnische Massenvernichtungslager gab."
    In der Praxis problematisch
    Bislang konnten derartige sprachliche Ausrutscher nur zivilrechtlich verfolgt werden. In der Regel kam bei den Prozessen – nach Ansicht der Nationalkonservativen Regierung - nicht viel heraus. Der betreffende Journalist oder Verlag entschuldigte sich, stellte die Sache wieder richtig dar und der Fall war erledigt. Äußerst unbefriedigend – findet Polens Justizminister Zbigniew Ziobro, weil nicht straferziehend genug: "Die polnische Regierung hat einen wichtigen Schritt unternommen, indem härtere juristische Mittel geschaffen wurden, die es uns erlauben, künftig wirkungsvoller zu unserem Recht zu gelangen. Und zwar überall auf der Welt, wo es zu Geschichtsklitterung zu Lasten Polens kommen sollte."
    Klingt gut, dürfte in der Praxis aber problematisch werden. Vor allem dann, wenn die fälschliche Formulierung im Ausland fallen sollte oder von einem Staatspräsidenten, wie dem amerikanischen etwa, wie es schon mal der Fall war, verwendet wird. Was gedenkt Polen in einer solchen Situation zu unternehmen? Eine Frage auf die Justizminister Ziobro ziemlich ausweichend reagiert: "Die von uns nun gemachten Vorschläge werden es uns erlauben, entsprechende Verstöße leichter zu ahnden. Die Betroffenen werden zweifelsohne dadurch Probleme haben. Sowohl strafrechtlicher als auch ziviler Natur. Und zwar ungeachtet dessen was sie auch immer unternehmen sollten, um sich der Verantwortung zu entziehen."
    Bußgeld, Bewährungsstrafe oder drei Jahre Gefängnis
    Regierungskritische Juristen, wie etwa Jacek Dubois, sind da allerdings skeptisch. Ob mit dem neuen Gesetz tatsächlich eine strafrechtliche Verfolgung im Ausland möglich sein werde, sei stark zu bezweifeln, meint der Rechtsanwalt und Mitglied des Staatstribunals: "Die Amerikaner werden darüber lachen. Denn die Grundbedingung der Strafverfolgung in Amerika wäre, dass diese Tat auch dort verboten ist. Wir schaffen also ein Gesetz, das gegenüber Ausländern auf keinen Fall vollstreckbar sein dürfte. Und genau das wird uns im Ausland lächerlich machen."
    Polens Justizminister ist da etwas anderer Auffassung. Wer wie bisher mit einer Richtigstellung davonkam - argumentiert Ziobro - habe die Angelegenheit auf die leichte Schulter nehmen und somit zum Widerholungstäter werden können. Von Nachahmern ganz zu schweigen. Genau daher sei es notwendig gewesen, die fälschliche Formulierung "polnische Konzentrationslager" nunmehr ins Strafgesetzbuch aufzunehmen. Die Folge: Dem Delinquenten drohen nun Bußgeld, Bewährungsstrafe oder gar drei Jahre Gefängnis.