Dienstag, 30. April 2024

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EU-Krisenpolitik
Merkel durchkreuzt Gabriels Anliegen

Die Bundesregierung sieht keinen Anlass zu Änderungen am EU-Stabilitätspakt. Kanzlerin Merkel sagte nach einem Gespräch mit Wirtschaftsminister Gabriel, man sei sich darüber einig. Gabriel hatte mit seinem Vorstoß, den EU-Krisenländern mehr Luft für Reformen geben zu wollen, zunächst ein tagelanges Schweigen Merkels ausgelöst.

18.06.2014
    Die Kanzlerin unterhält sich am 18.06.2014 zu Beginn der Kabinettssitzung mit Wirtschaftsminister Gabriel. Beide lachen.
    Die Kanzlerin zu Beginn der Kabinettssitzung mit Wirtschaftsminister Gabriel. (Tim Brakemeier, dpa picture-alliance)
    Die Große Koalition demonstrierte Geschlossenheit - trotz der Diskussionen über den Sparkurs in Europas Krisenländern. Der Stabilitätspakt beinhalte bereits in seiner jetzigen Form alle Instrumente der Flexibilisierung, die man zur Überwindung der Probleme in Europa brauche, so Angela Merkel (CDU). "Wir sind uns einig: Es gibt keine Notwendigkeit, den Stabilitätspakt zu verändern", sagte Merkel, die vor der Kabinettssitzung mit Gabriel gesprochen hatte.
    Der Bundeswirtschaftsminister und SPD-Vorsitzende hatte sich bei einem Besuch in Frankreich dafür ausgesprochen, Kosten für Reformmaßnahmen aus der Defizitberechnung auszuklammern. Damit sollten Staaten mehr Zeit für konkrete Maßnahmen bekommen. Dies war in der Union und in Südeuropa als Aufruf zur Verwässerung des EU-Paktes interpretiert worden. Gabriel sieht das anders.
    Heftige Reaktionen aus der Union
    Aus der Union wurde Gabriel massiv kritisiert. Der Fraktionschef der Konservativen im Europa-Parlament, Manfred Weber (CSU), sagte dem "Straubinger Tagblatt/Landshuter Zeitung": "Gabriel sendet mit seinen jüngsten Äußerungen ein fatales Signal. Die Verschuldungspolitik hat Europa an den Rande des Abgrunds geführt."
    Der Unions-Haushaltsexperte Norbert Barthle (CDU) meinte in der "Rheinischen Post": "Wir betrachten diesen Vorschlag zur Aufweichung des Stabilitätspakts als ausgesprochen kontraproduktiv und destruktiv." Frankreich habe schon einmal zwei Jahre Aufschub für den Defizitabbau bekommen. Mehr sei nicht drin. Bereits gestern hatte er im Deutschlandfunk gesagt, die EU-Länder müssten notwendige Strukturen reformieren - doch dafür gehe der Anreiz verloren, stelle man den EU-Stabilitätspakt infrage.
    Der Wirtschaftsminister verteidigte in der "Bild"-Zeitung seinen Vorschlag. "Wir Deutschen stehen heute besser da als viele andere Staaten, weil wir uns mit Gerhard Schröders Agenda 2010 ein hartes Reformprogramm auferlegt haben. Aber auch wir haben damals Zeit gebraucht, um die Staatsschulden zu senken." Zugleich bekannte sich Gabriel aber zum EU-Stabilitätspakt, der ein maximales Haushaltsdefizit von drei Prozent der Wirtschaftsleistung erlaubt.
    Programmtipp: Hören Sie am Donnerstag im Deutschlandfunk gegen 7.15 Uhr ein Interview mit Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) zum Thema EU-Stabilitätspakt.
    (ach/cc)