George Clinton

"Streich' das Weiße Haus schwarz an!“

Der Sänger und Komponist George Clinton (r) zusammen mit seiner Band 'Parliament/Funkadelic" beim Eröffnungskonzert des San Sebastian Jazz Festivals in Nordspanien am 23. Juli 2014.
Der Sänger und Komponist George Clinton bei einem Konzert 2014 in San Sebastian. © picture alliance / dpa / Javier Etxezarreta
Von Martin Risel · 28.07.2014
P-Funk, auch Pure oder uncut Funk genannt, ist eine Mischung aus Psychedelic Rock, Soul und Funk. George Clinton begründete diesen Musikstil und ist mit 73 Jahren noch immer auf Tournee.
Dieser "Atomic dog“ bellt auch schon seit über 30 Jahren, und ist doch im langen Leben des George Clinton kein Frühwerk – wenn man bedenkt: Seine erste Band unter dem Namen Parliaments hat er schon - festhalten! - 1955 gegründet. Da spielte er noch DooWop neben dem Job als Friseur - bevor er dann Funk-Killer auf den Tanzböden und Bühnen der Welt wurde.
Mächtige Bassgrooves mit knackigen Synkopen, dazu punktgenaue Drums, flirrende Gitarren und Gesangsfetzen in Endlosschleifen – das ist die musikalische Welt des Dr. Funkenstein.
Und der hat auch eine philosophische Definition parat:
"Funk kann vieles sein, was du gerade brauchst“, sagt er. "Zum Beispiel kann er dein Leben retten, wenn du gerade aus dem Fenster springen willst. Oder was auch immer …"
Früher Songwriter beim Motown-Label
Und George Clinton hat auch noch seine eigene Version erfunden: Den P-Funk: "Pure Funk“' kann das heißen oder "Psychedelic Funk" oder einfach die Abkürzung sein für seine zwei seit Jahrzehnten groovenden Kapellen Parliament und Funkadelic.
Ohne die hätte es später keine Bands wie Cameo oder Roger Troutmans Zapp gegeben – und auch Prince ist aus dem Schoß des P-Funk gekrochen.
Geboren wurde George Clinton in North Carolina im Städtchen Kannapolis – oder heißt das Geburts-Städtchen dieses passionierten Kiffers einfach Cannabis? Oder liegt Kannapolis gar nicht auf dieser Welt, sondern irgendwo da draußen im außerirdischen Funk-Universum, das der Funk-Futurist immer wieder beschreibt?
Man mag’s nicht glauben, aber seine ersten großen Brötchen verdiente George Clinton als Songwriter bei Motown. Hatte aber schnell keinen Bock mehr auf den glatt polierten Fließband-Sound aus der "motor city". Hörte lieber Alice Cooper, Jimi Hendrix¸ Sly Stone – und entwickelte aus den rauen, psychedelischen Sounds seinen P-Funk. Seit den frühen 70ern beständig bodenständig und außerirdisch abgehoben zugleich.
Auch mit 73 ist George Clinton noch das Arbeits-Tier des Funk - und sagt: "Wenn du das magst, was du machst, ist es auch nicht anstrengend. Ich fühl mich jeden Tag inspiriert. Ich steh auf und geh ins Studio – und wenn mal nicht, vermisse ich was.“
"Funk ist die DNA des Hip-Hop!"
Prince war es auch, der seinem Vorbild 1989 mit seinem Label Paisley Park unter die Arme griff. Alte P-Funk-Platten kamen wieder heraus, Uncle Jam wurde vom Hip-Hop gesampelt. Und veröffentlichte mit prominenten Rappern eine seiner zynisch-politischen Nummern mit der schönen Botschaft "Streich' das Weiße Haus schwarz an!“
"Funk ist die DNA des Hip-Hop!", hat George Clinton mal gesagt – nur dass er seinen P-Funk glorreicher auf die Bühne bringt als sämtliche Rapper zusammen.
Ob mit seinen P-Funk All Stars oder jetzt mit den irgendwie vereinigten Parliament und Funkadelic - das kann dann live gerne mal drei Stunden oder mehr dauern. Der Chef taucht eine Weile ab in die Kiffer-Kemenate, der Beat geht weiter – und zudem drehen sich Tänzer, Bläser, Chöre, Roller-Girls, Schauspieler - oder was auch immer in schrägen Kostümen zwischen seltsamen Bühnenbauten herumturnt.
Clinton selbst gibt manchmal den Sänger, kaum den Keyboarder, meist den Komponisten und Produzenten und immer den Oberaffen vom ganzen Zirkus.
Ja, er ist wieder auf Tour, sagt er. Am liebsten aber bei jeder Gelegenheit im Studio. Sein Problem: Er hat soviel Musik zu veröffentlichen, muss darum allerdings mit den Labels kämpfen.
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