Die IG-Metall und ihr Vermögen

"Betongold wird gerne genommen"

Die Zentrale der IG Metall in Frankfurt am Main spiegelt sich in einem Schild mit dem Logo der Gewerkschaft.
Die Zentrale der IG Metall in Frankfurt am Main spiegelt sich in einem Schild mit dem Logo der Gewerkschaft. © picture alliance / dpa
Von Ludger Fittkau · 08.06.2015
Das Vermögen der Industriegewerkschaft Metall dürfte sich auf mehrere Milliarden Euro summieren. Was tun mit so viel Geld? Die Gewerkschafter kaufen Aktien und bauen sich schicke Immobilien. Allein das neue Bildungszentrum in Sprockhövel im Ruhrgebiet kostete mehr als 30 Millionen Euro.
Ein kleine Gruppe freundlicher Gebäudeverwalter der IG Metall führt mich in den Keller der Hauptverwaltung der Gewerkschaft in Frankfurt am Main. Silberne Metall-Rohre von bis zu einem Meter Durchmesser stoßen durch die Betonwände in einen Raum, in dem Pumpengeräusche alles übertönen.
Die Pumpen leiten Wasser aus dem nur gut 50 Meter entfernten Main in den Keller des "Mainforums“, wie die IG Metall stolz ihre Hauptverwaltung nennt.
Christoph Laudemann und Udo Hackl verwalten das Riesengebäude:
"Das ist eine der Pumpen der Mainwasserzentrale. Die pumpt das Wasser direkt in unser Gebäude. Wird nur zur Kühlung verwendet und geht dann wieder in den Main zurück. Es ist halt sehr ökologisch dadurch, dass wir Mainwasser nehmen zur Kühlung. Und eben nicht Trinkwasser als Verdunstungskühlung, das ist der ökologische Faktor dahingehend."
Euro Das "Main-Forum“ der IG Metall wurde vor rund zehn Jahren in Frankfurt am Main für 150 Millionen als Hochhaus errichtet.
"Betongold“ – Diesen Begriff benutzt Franz Julius Parthes im Gespräch über die Immobilien der IG Metall. Parthes ist Geschäftsführer der Treuhandverwaltung IGEMET GmbH, einer Tochterfirma der größten Einzelgewerkschaft der Welt.
Der smarte Geschäftsmann managt bundesweit mehr als 100 Immobilien der IG Metall. Das "Main-Forum“ in Frankfurt, in dem auch Parthes sein Büro hat, ist mit Abstand das wertvollste. Es soll schon rein optisch den Banken-Türmen in der Nachbarschaft etwas entgegengensetzen:
"Ein solches Gebäude hat auch etwas mit dem Selbstverständnis der Gewerkschaften zu tun. Das heißt, dass man hier einen Standort gewählt hat, der übrigens historisch gewählt ist. Auf diesem Grundstück war auch vorher der Hauptsitz der IG Metall. Und man hat sich dann zu einem Neubau entschieden. Es ist ein großes Gebäude entstanden, das wir zu zwei Dritteln selbst nutzen."
Während IG-Metall-Mitglieder bei einem Warnstreik in Bielefeld von ihrem leeren privaten Portemonnaies singen, sind die Kassen ihrer Gewerkschaft gut gefüllt. Allein im Jahr vergangenen Jahr haben die 2,3 Millionen Mitglieder 516 Millionen Euro an ihre Gewerkschaft überwiesen.
Aber was macht eine Gewerkschaft mit so viel Geld, die als steuerbefreiter Verein keine profitorientierten Geschäfte betreiben darf?
Ein Bildungszentrum für 30 Millionen Euro
Ein Teil des Geldes steckt die Gewerkschaft in ihre Immobilien. Und so kostete allein der Neubau des Bildungszentrums in Sprockhövel im Ruhrgebiet unlängst mehr als 30 Millionen Euro.
Franz Julius Parthes: "Das sogenannte Betongold wird natürlich gerade in Zeiten niedriger Zinsen gerne genommen. Es ist auch tatsächlich so, dass wir uns da etwas verstärkt hinbewegen, das wir auch das eine oder andere erwerben. Aber das ist nicht in einem Maßstab, der mit irgendeinem Fond oder ähnlichem konkurrieren könnte."
IG-Metall-Geld auch in Aktienfonds? – Ein heikles Thema, über das in der Frankfurter Zentrale nicht gerne gesprochen wird.
Vor wenigen Jahren war gewerkschaftlicher Aktienbesitz noch tabu. Doch nach Recherchen der "Wirtschaftswoche“ kauft sich die IG Metall inzwischen in Börsenunternehmen ein.
Bis zu 20 Prozent des Anlagevermögens, so die interne Vorgabe, dürfen die roten Fondsmanager in Aktien investieren, schrieb die Zeitung.
15 Prozent der jährlichen Mitgliedsbeiträge – rund 75 Millionen Euro – sind für die Streikkasse und für die betriebliche Altersversorgung der Gewerkschaftsbeschäftigten reserviert.
Und da der letzte reguläre Streik der IG Metall schon zwölf Jahre zurückliegt, dürfte allein diese Kasse der Gewerkschaft mit mehr als 500 Millionen Euro gefüllt sein.
Genaue Zahlen gibt es nicht. Wieviel tatsächlich in der Streikkasse ist, gehört zu den am besten gehüteten Geheimnissen.
Auch wenn es bei der IG-Metall in den vergangen Jahren kaum zu langen Streiks kam: Streikandrohungen und Warnstreiks gehören nach wie vor zum entscheidenden Druckmittel bei Tarifauseinandersetzungen.
Man könne Tarifforderungen ja nicht mit "kollektivem Betteln" durchsetzen heißt es in der Gewerkschaftszentrale. Und Warnstreiks seien keine Rituale, sondern eine Möglichkeit, Druck auszuüben.
In einem Comic auf ihrer Homepage erklärt die Gewerkschaft, was ein Warnstreik ist:
"Im Unterschied zu einem unbefristeten Streik nach gescheiterten Verhandlungen müssen Gewerkschaftsmitglieder über einen Warnstreik nicht abstimmen. Die Gewerkschaft darf dazu auch während der laufenden Verhandlungen aufrufen."
Die IG Metall bevorzugt kurze Warnstreiks
Während die Gewerkschaft ver.di aktuell mehrwöchige Arbeitskämpfe von Erzieherinnen und Sozialarbeitern finanziert, bevorzugt die IG Metall seit vielen Jahren kurze Warnstreiks mit bis zu 100.000 Teilnehmern.
Steht die Produktion in Automobilbetrieben für ein paar Stunden -- zeigt das durchaus Wirkung bei den Arbeitgebern. Die Gewerkschaft signalisiert damit Kampfbereitschaft, schafft es mit ihren Forderungen in die Nachrichten, gewinnt nicht selten neue Mitglieder und schont gleichzeitig die Streikkasse.
Natürlich dürfe die Gewerkschaft auch während der laufenden Verhandlungen zu Warnstreiks aufrufen, das sei rechtlich nicht zu beanstanden, sagt Martin Leutz.
Dennoch ärgert es den Pressesprecher des Arbeitgeberverbandes Gesamtmetall, dass die Gewerkschaft immer wieder zu Warnstreiks aufruft, ohne den konkreten Verhandlungsstand zu beachten:
"Wir haben in der vergangenen Tarifrunde erlebt, dass Warnstreiktermine bereits angekündigt worden sind, noch bevor die IG Metall selber ihre Forderung beschlossen hat. Bezirksleiter haben schon erklärt, wann sie vor welchem Werkstor stehen werden, noch bevor die Verhandlungen begonnen haben. Das alles zeigt, das Instrument wird vor allem eingesetzt, um Mitgliederwerbung zu betreiben. Oder Mitgliederbindung zu betreiben. Hat aber mit dem tatsächlichen Verhandlungsstand überhaupt nichts mehr zu tun."
Die Gewerkschaft fährt damit aber gut. Sie zeigt den Unternehmern bisweilen ihr Besteck, schont aber mit den befristenden Aktionen ihre Finanzen. Ganz nebenbei steigt die Mitgliederzahl, das sichert die Macht der Beschäftigten. Die IG Metall und ihr beträchtliches Vermögen – auch Ergebnis einer cleveren Konfliktstrategie.
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