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Der Dirigent Sir John Barbirolli
König im eigenen Reich

Im Jahr 1950 dirigierte John Barbirolli nach mehrmonatiger Ruhe und mit ärztlichem Segen erstmals die Berliner Philharmoniker. Zu diesem Zeitpunkt war er bereits seit sieben Jahren Leiter des ältesten englischen Sinfonieorchesters, des Hallé Orchestra in Manchester. Nach dem Grund für die kulturelle Regsamkeit der Industriestadt Manchester befragt, gab der Sohn eines Italieners und einer Französin zur Antwort, dass die Hässlichkeit der Stadt das kulturelle Leben begünstige.

Von Christoph Vratz | 07.05.2015
    Der britische Dirigent Sir John Barbirolli (eigentl. Giovanni Battista Barbirolli), mit Doktorhut nach der Verleihung der Ehrendoktorwürde der Sheffield Universität am 6. Juli 1957.
    Dirigent mit Ehrendoktorwürde: Sir John Barbirolli (picture-alliance / dpa / PA)
    Ob sich hinter dieser Aussage britischer Humor oder tiefere Bedeutung verbirgt, bleibe dahingestellt. Jedenfalls fand der 1899 geborene Barbirolli in der Entwicklung dieses Orchesters seine Lebensaufgabe. Zuvor hatte er bereits erfolgreich als Nachfolger von Arturo Toscanini beim New York Philharmonic Orchestra gearbeitet. Doch ermüdet von den nicht enden wollenden Angriffen durch die Presse, kehrte er noch während des Krieges nach Europa zurück, um in Manchester eine bedeutende Ära zu prägen. Hier hatte er so große Freiheiten als Dirigent wie nirgendwo sonst. Einige seiner Mahler- und Tschaikowsky- Einspielungen gelten heute noch als diskografische Meilensteine.