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Bayern alla turca

Die Band "Unterbiberger Hofmusik" sind Mama, Papa und drei Söhne, alle machen zusammen Musik. Und tatsächlich sogar Volksmusik aus Niederbayern. Allerdings gemischt mit Jazz. Und auf der neuesten Platte "Bavaturka" wird's noch merkwürdiger: Nun geht es musikalisch zudem noch in die Türkei.

Von Anja Buchmann | 23.07.2012
    Franz Josef Himpsl:

    "Beim ersten Mietvertrag den ich bekommen habe, ist drin gestanden im Vertrag, dass mir einmal im Jahr umsonst in der Kirche in Möschenfeld spielen müssen. Denn das war die Kirche des Besitzers. Und da haben wir uns nicht lumpen lassen, ich hab immer Ensembles zusammengestellt, die gut spielen konnten - dann waren die dermaßen stolz drauf, dass "unsere Studenten", haben sie immer gesagt, da oben spielen, dass ich nun nach 35 Jahren immer noch dort wohne. Ja, hat was mit Hofmusikanten zu tun."

    Die heutigen Hofmusikanten, Familie Himpsl mit Vater Franz, Mutter Irene und den Söhnen Xaver, Ludwig und Franz spielen Trompete, Waldhorn, Akkordeon, Orgel und singen. Zur Kernband gesellen sich weitere Tubisten, Eufoniumspieler, Posaunisten, Trompeter, Harfenistinnen und Perkussionisten. - Großenteils Musiker aus der Jazzszene, wie etwa der Posaunist und mehrfache Grammygewinner Jay Ashby oder der junge in Köln ansässige Trompeter Matthias Schriefl.

    Jazz und Volksmusik kombiniert die musikalische Familie bereits seit 15 Jahren und nimmt damit eine Vorreiterrolle ein. Ohne sie würde es jüngere Ensembles, wie etwa La Brass Banda möglicherweise nicht geben. Dass nun aber auch noch türkische Lieder in die Welt des Unterbiberger Hofes Einzug halten, hat mit einer Reise nach Istanbul zu tun. Im Auftrag des Goethe Instituts spielte die Band vornehmlich ihren ursprünglichen Stilmix, begeisterte sich dann aber nachhaltig für die dortige Musik- und Tanzkultur.

    "Für mich hat immer diese Energie gefallen, dass die Leute sofort anfangen zu tanzen. Dass das sofort funktioniert, ob man das versteht oder nicht. Das ist das Unmittelbare, da muss man einfach nur zuhören und annehmen. Ich mein, auch ein 7er-Rhythmus ist für uns - da denke ich mal an die richtigen Volksmusikanten, die einen Zweifachen gescheit spielen können - eigentlich nicht so fremd. Und eigentlich kennen wir die türkische Musik über die Balkanmusik eh schon ganz gut. Wir wollten uns aber mit dem Original beschäftigen und auch, dass man die Texte versteht und ein bisschen türkisch lernt."

    Eine türkische Komposition im 5/8er-Takt, gespielt mit diversen Blechblasinstrumenten, Percussion und der neuen Kirchenorgel aus Unterbiberg - im zweiten Teil gibt es zur selben Melodie einen bayerischen Text. Oft werden bayerische und türkische Sprache genauso kombiniert wie bayerische und türkische Melodien: So klingt das, in der türkischen Sprache sehr blumige, Hochzeitslied "Dere Geliyor" - Fließ, Bächlein, fließ - zunächst so:

    Und im zweiten Teil erklingt auf einmal eine - textlich deutlich abgeklärtere - niederbayerische Weise:

    "Ja sche blau ist da See, und mei Herz tuat ma weh, wenn i sterb, bin i hi, kraht ka hahn mehr um mi. Also er hat dann diese bayerische Melodie in den 9er-Takt gelegt, dass der türkische Rhythmus weiter läuft. Wenn man genau hinhört, das verstehen dann immer nur wenige, dass diese Melodie, die türkische Melodie im bayerischen Teil dann auch noch mal kommt. Das heißt, die Hochzeit ist nicht nur mit den Menschen, sondern auch mit der Musik und das geht meines Erachtens hervorragend zusammen."

    An türkischen Instrumenten hört man auf "Bavaturka" im Grunde nur die arabische Kurzhalslaute "Oud", gespielt von dem in Deutschland lebenden Türken Şeref Dalyanoğlu. Interessanterweise werden auch die türkischen Texte allesamt von der Himpsl-Familie gesungen. Immerhin lernt Franz Himpsl die Sprache nun auch seit einigen Jahren, nicht nur um die Bühnenansagen vor türkischem Publikum korrekt zu formulieren.

    "Spricht türkisch und übersetzt: "Wir haben hervorragende türkische Menschen kennengelernt, hervorragende Musiker und wir haben gute Freunde gefunden."

    Die CD "Bavaturka" erscheint am 3. August.