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Open topic
Professur für Irgendwas

Keine Fachbindung, keine Funktionsvorgabe, kein festgelegter Arbeitsbereich. Die TU Dresden geht bei der Besetzung von Professuren neue Wege: Was bei der Bewerbung an der Exzellenz-Universität zählt, sind fachliche Fähigkeiten und Kreativität.

Von Nadine Lindner | 18.06.2014
    "Mein Forschungsthema ist die Frage, wie Bedrohungsszenarien medial geprägt werden, zum Beispiel über Literatur, aber auch über Fernsehserien."
    Und da ist sie sofort, die Assoziation mit dem Fall des US-Soldaten Bergdahl, der von den Taliban gefangen gehalten wurde – und der Fernsehserie Homeland, die sich genau um so einen Soldaten und seine möglichen terroristischen Ansichten dreht.
    Aktueller kann ein Medienwissenschaftler in diesen Tagen wohl kaum arbeiten als Lars Koch, der seit dem 1. Mai Open Topic Professur für Medienwissenschaft und Neuere deutsche Literatur an der TU Dresden innehat.
    "Hauptsache, du bist Meister in deinem Fach"
    Lars Koch ist einer von vier Open-Topic-Tenure-Track-Professuren, die bereits ihre Arbeit in Dresden aufgenommen haben. Bis Ende des Jahres sollen es zehn werden. Open Topic - das bundesweit einmalige Berufungskonzept der TU Dresden lässt sich in etwa so übersetzen: Es ist uns erst mal egal, welches Thema du bearbeitest, Hauptsache, du bist Meister in deinem Fach, erklärt Rektor Hans Müller-Steinhagen.
    "Deswegen haben wir im vergangenen Jahr ein Berufungsverfahren gestartet, wo wir gesagt haben, wir wollen Spitzenkräfte, ganz egal zu welchem Thema."
    Keine Fachbindung, keine Funktionsvorgabe, kein festgelegter Arbeitsbereich: Was bei der Bewerbung zählt, sind fachliche Fähigkeiten und Kreativität. Ein Verfahren, dass die Max-Planck-Institute in früheren Zeiten angewendet haben.
    Großer Andrang
    Müller-Steinhagens Fazit fällt positiv aus: Mehr als 1300 Bewerbungen gingen bei der TU ein, davon – und darauf ist man besonders stolz – auch 26 aus Harvard. Insgesamt fast jeder zweite Bewerber kam aus dem Ausland.
    Damit wolle man in Dresden einen neuen Weg gehen – die gewohnte Berufungspraxis biete schlicht zu wenig Raum für Neues:
    "Die übliche Weise, in der normalerweise Professuren besetzt werden in Deutschland: einer geht in den Ruhestand, dann gibt es eine Berufungskommission innerhalb der Fakultät. Die die Aufgaben des alten Professors, der alten Professorin weiterführt."
    Auch Professorin Sabine Müller-Mall stellte heute ihre neuen Ideen für die kommenden vier Jahre vor:
    "Es sind zwei Themenkomplexe: Wie Recht in die Welt kommen kann, die Erzeugung von Rechtsnormativität zum anderen untersuche ich die Transnationalisierung des Rechts und wie man das wissenschaftlich fassbar machen kann."
    Ihr Lehrstuhl, der Aspekte aus Jura, Politikwissenschaft und Philosophie vereint, ist in der philosophischen Fakultät angesiedelt.
    Doch die TU wäre nicht die TU, wenn nicht auch wenigstens ein Ingenieur in der Runde vertreten wäre: Daniel Balzani, Open-Topic-Professor für Mechanik, in der Fakultät für Bauingenieurwesen.
    "Und zwar kann man sich darunter vorstellen: mit Methoden der Bio-Mechanik, also der Simulation von biologischen Geweben."
    Insgesamt 20 Millionen Euro stehen bis zum Jahr 2017 bereit. Das Open Topic Tenure Professorship gehört zum Zukunftskonzept der TU Dresden, eines der Programme, die sie zur Exzellenzuniversität gemacht haben.
    Und dazu zählt auch die medienwissenschaftliche Erforschung von Fernsehserien.