Dienstag, 30. April 2024

Archiv


Meister: Es war sinnvoller, die IKB zu erhalten

Michael Meister, stellvertretender Vorsitzender der Unionsfraktion, hat die Entscheidung der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW), den Erhalt der IKB zu sichern, als richtig bezeichnet. Dadurch habe man Schaden für den Finanzplatz Deutschland abzuwenden können, sagte Meister, der selbst dem Verwaltungsrat der KfW angehört.

Moderation: Dirk-Oliver Heckmann | 08.04.2008
    Dirk-Oliver Heckmann: Es gab nicht wenige, die einen Rücktritt von Ingrid Matthäus-Maier, der Chefin der bundeseigenen Kreditanstalt für Wiederaufbau, schon längst erwartet hatten. Schon vor Monaten nämlich wurde bekannt, dass sich das Tochterunternehmen IKB bei Spekulationen auf dem amerikanischen Immobilienmarkt verzockt hatte und ein Milliardenschaden verursacht worden ist. Gestern dann wurde bekannt gegeben: die ehemalige SPD-Politikerin tritt mit sofortiger Wirkung als Vorstandssprecherin zurück und verlässt im September das Unternehmen aus gesundheitlichen Gründen wie es hieß ganz. - Am Telefon begrüße ich Michael Meister von der CDU. Er ist stellvertretender Vorsitzender der Unionsfraktion und Mitglied des Verwaltungsrats der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW), Guten Morgen Her Meister!

    Michael Meister: Guten Morgen Herr Heckmann!

    Heckmann: Herr Meister, der Vorsitzende der CDU-Mittelstandsvereinigung Michael Fuchs spricht von einem längst überfälligen Schritt im Zusammenhang mit dem Rücktritt von Frau Matthäus-Maier. Die Einsicht allerdings, die hätte früher kommen müssen. Sehen Sie das auch so?

    Meister: Zunächst einmal ist glaube ich ist Frau Matthäus-Maier weder verantwortlich für die Entwicklung auf dem amerikanischen Immobilienmarkt, noch war sie Mitglied in den Aufsichtsgremien der IKB. Insofern ist das eine Wertung des Kollegen Fuchs, die ich so zur Kenntnis nehme. Ich glaube wir sollten die Entscheidung, die Frau Matthäus-Maier aus persönlichen gesundheitlichen Gründen getroffen hat, respektieren und es gibt keinen Grund, da jetzt Nachhutgefechte zu führen.

    Heckmann: Das heißt der Rücktritt wäre aus sachlichen Gründen nicht gerechtfertigt gewesen?

    Meister: Ich glaube die Diskussion ist eine hypothetische Diskussion. Frau Matthäus-Maier hat aus gesundheitlichen Gründen angekündigt, sich aus dem KfW-Vorstand zurückzuziehen und die Sprecherrolle aufzugeben. Ich glaube das sollten wir respektieren und sich der Aufgabe zuwenden, wie man dafür sorgt, dass die KfW ihr Fördergeschäft in Zukunft weiter in vernünftiger Weise führen kann und wie das Thema IKB so saniert werden kann, dass wir dort kein Problem mehr haben.

    Heckmann: Ich möchte trotzdem noch mal auf die Personalie zurückkommen, denn diese gesundheitlichen Gründe, die Sie jetzt auch erwähnt haben, die sind ja nicht vom Himmel gefallen. Ingrid Matthäus-Maier hat in einem Brief, aus dem die "FAZ" zitiert, geschrieben, dass sie nicht länger den Kopf hinhalten werde für Fehler, die andere gemacht haben. Ähnlich hat sich Christine Scheel von den Grünen und auch Wirtschaftsminister Glos geäußert. Wurde dort also im Prinzip ein Sündenbock gesucht?

    Meister: Nein. Ich glaube es wurde kein Sündenbock gesucht. Das war auch eine Erklärung, die Frau Matthäus-Maier von sich abgegeben hat, ohne dass sie von irgendjemand dazu gedrängt worden ist aus meiner Wahrnehmung heraus. Nur man muss schon sehen, dass sie persönlich nicht Mitglied in den Gremien der IKB war, allerdings natürlich als größter Eigentümer bei der IKB mit in der Verantwortung steht, wie das Problem zu lösen ist. Deshalb muss man glaube ich schon aufpassen, dass man in erster Linie mal schaut, wer Vorstand war bei der IKB - ich glaube dort ist zurecht entschieden worden, dass die Mitglieder dort bei der Hauptversammlung nicht entlastet worden sind und dass dort nach der Verantwortung gefragt wird - und zum zweiten auch, ob dort die Aufsichtsgremien bei der IKB ihrer Verantwortung nachgekommen sind.

    Heckmann: Aber die KfW, also die Kreditanstalt für Wiederaufbau, als Mutterunternehmen, die trifft keine Schuld und damit auch nicht den Verwaltungsrat der KfW, dem Sie angehören?

    Meister: Die KfW hat an dieser Stelle die Frage zu beantworten gehabt, gemeinsam mit der Politik, ob man die IKB in das Moratorium gehen lässt und damit Verwerfungen am Finanzplatz Deutschland auslöst, ob man Folgen für die gesamte Bankenlandschaft in Deutschland über die IKB hinaus in Kauf nimmt und ob man damit auch natürlich die Folgen für die öffentlichen Haushalte in dieser Weise akzeptiert, oder ob man sagt es ist sinnvoller, die IKB als Institut zu erhalten und dafür sowohl seitens der KfW wie auch seitens des Staates in die Verantwortung zu gehen. Die Güterabwägung zwischen beiden Wegen hat sich so dargestellt, dass es sinnvoller erschienen ist, die IKB zu erhalten und damit auch die KfW in Anspruch zu nehmen, diese Aufgabe mit zu bewältigen.

    Heckmann: Und da ist es weiterhin aus Ihrer Sicht ein richtiger Schritt gewesen, dass die KfW im Prinzip für Spekulationen, für Zockereien einer Privatbank einsteht?

    Meister: Ich glaube wenn man die Güterabwägung trifft und schaut sich an, welche Folgen für andere Banken in Deutschland entstanden wären bei einem Moratorium, welche Belastungen entstanden wären aus der Absicherung von Privateinlagen bei der IKB, wenn man sich klar macht, wenn man etwa nach Großbritannien schaut, was dort durch den Fall Northern Rock auch an Vertrauen der Menschen im Lande in das Bankensystem verloren gegangen ist und welcher Schaden international für den Finanzplatz Deutschland entstanden wäre, dann ist in der Gesamtabwägung der Weg glaube ich richtig.

    Heckmann: Sie haben ja gerade eben schon den Blick nach vorne gerichtet und die Frage erwähnt, wie es weitergehen soll, wie ähnliche Fälle verhindert werden könnten. Müsste eine Konsequenz nicht sein, dass Politiker oder ehemalige Politiker in Leitungs- und Aufsichtsgremien von öffentlichen Banken nichts zu suchen haben?

    Meister: Ich glaube man muss bei dem Begriff "öffentliche Banken" unterscheiden. Wir haben zum einen den Bereich der Förderbanken: beim Bund die KfW, bei den Ländern die Landesförderbanken. Dort haben wir originär mit der Finanzkrise eigentlich keine Probleme. Diese Institute haben auch nicht an diesen Spekulationen teilgenommen. Zum zweiten haben wir andere staatliche Banken, also etwa die Landesbanken, und in diesen Instituten ist es aufgrund der Tatsache, dass zum Teil kein originäres Geschäftsmodell vorlag, zu Beteiligungen an diesen spekulativen Geschäften gekommen. Ich glaube an dieser Stelle sind die dort Verantwortlichen dringend aufgefordert zu überprüfen, entweder Geschäftsmodelle herzustellen, die sich selbst tragen, oder zu überlegen ob es Sinn macht, diese Institute in der seitherigen Form weiterzuführen.

    Heckmann: Muss an den Aufsichtsregeln etwas geändert werden?

    Meister: Ich glaube wir haben seit 1. Januar jetzt Basel II in Kraft. Insofern wäre die Möglichkeit, solche Spekulationsanlagen außerhalb der Bilanz in Zweckgesellschaften zu führen, in dieser Form wie das hier geschehen ist, nicht mehr möglich. Zum zweiten haben wir die Rolle zwischen Bundesbank und Bundesaufsicht für Finanzdienstleistungen mittlerweile neu geordnet. Wo wir aus meiner Sicht Bedarf haben ist zum einen beim Stichwort Rating Agenturen, die Rolle der Rating Agenturen als Berater zur Herstellung solcher Produkte und gleichzeitig Ausweis für die Bonität solcher Produkte. Das ist ein Problem, das angegangen werden muss.

    Zum zweiten haben wir die Frage zu klären: was geschieht bei Instituten, die über die Grenzen tätig sind. Zum dritten haben wir auch die Frage zu klären, inwieweit bei Personengesellschaften heute schon ein verantwortlicher Inhaber oder Geschäftsführer in der Haftung steht, während bei Kapitalgesellschaften Vorstände dort nicht in der Haftung stehen. Ich glaube an dieser Stelle müssen wir überlegen, ob wir nicht auch Geschäftsführer und Manager stärker in die Haftung für das nehmen, was sie tun.

    Heckmann: Kommen wir zu einem anderen Thema, das heute die Agenda bestimmen dürfte, Herr Meister. Das Bundeskabinett nämlich kommt heute eigens zusammen, um eine außerplanmäßige Erhöhung der Renten um 1,1 Prozent zu beschließen. Die Erhöhung fällt damit doppelt so hoch aus wie nach geltendem Recht vorgesehen. Möglich wird das nur dadurch, dass der so genannte Riester-Faktor für zwei Jahre ausgesetzt wird. Kritiker sprechen von einer Entscheidung, die die jüngeren Generationen noch teuer zu stehen kommen dürfte. Ist es also Zufall, dass im Wahljahr 2009 und im Vorwahljahr 2008 die Rentnerinnen und Rentner mit außerplanmäßigen Geschenken bedacht werden?

    Meister: Ich glaube zunächst einmal das Ziel ist richtig. Wir haben im vergangenen Jahr eine Bruttolohnentwicklung gehabt von 1,4 Prozent. Das heißt die Beschäftigten haben etwa 1,4 Prozent höhere Einkommen gehabt als vor 2007. Und die übliche Regel ist, dass die Rentner in etwa diese Entwicklung der Lohnentwicklung bekommen, abzüglich einer Demographiekomponente. Das heißt, dass wir in Zukunft immer mehr ältere Menschen und weniger jüngere Menschen haben. Insofern ist die jetzt vorgesehene Erhöhung von 1,1 Prozent im Verhältnis zu den 1,4 Prozent der Lohnentwicklung glaube ich eine Größenordnung, die man akzeptieren kann.

    Das Problem ist, dass wir eine sehr komplexe Rentenformel haben, die sich aus sehr vielen Komponenten - Nachhaltigkeitsfaktor, Riester-Faktor, Korrekturfaktoren und Nachholfaktoren - zusammensetzt, so dass dort etwas die Logik glaube ich im Aufbau und in der Konstruktion der Formel verloren gegangen ist. Das macht auch den Weg, den wir zu beschreiten haben, sehr steinig.

    Heckmann: Es wird ja immer wieder argumentiert von Seiten der Befürworter dieser Rentenerhöhung, dass diese eben kostenneutral stattfinden soll, nämlich dass die Mehrausgaben, die jetzt stattfinden, zu einem späteren Zeitpunkt wieder hereingeholt werden sollen. Wer aber soll das garantieren?

    Meister: Zunächst einmal ist die Vereinbarung getroffen, dass ein größerer Teil, der auf die öffentlichen Haushalte zukommt, durch Einsparmaßnahmen beim Bundesminister für Arbeit und Soziales - bei Herrn Scholz - stattfinden soll. Er ist der federführende Minister sowohl für dieses Gesetz wie auch für die Aufgabe, in seinem Etat Einsparungen vorzunehmen. Deshalb steht er jetzt in der Verantwortung, Vorschläge zu machen wie in seinem Etat dieser Anteil erspart werden kann.

    Heckmann: Was haben Sie dort für Vorstellungen?

    Meister: Ich glaube, Herr Scholz ist dort in die Verantwortung gegangen und ich glaube man muss überlegen, wenn man die Entwicklung am Arbeitsmarkt nimmt, wo wir ja in den vergangenen zwei Jahren eine sehr positive Entwicklung haben, dass man überprüfen muss, inwieweit alle Instrumente, die bei einer anderen Arbeitsmarktlage geschaffen wurden, eingeführt wurden, jetzt noch zeitgemäß sind, oder ob es dort nicht Möglichkeiten gibt, entsprechend der Entwicklung am Arbeitsmarkt auch diese Instrumente zu überprüfen und damit Kosten einzusparen.

    Heckmann: Wir waren gerade eben noch bei dem Punkt "Wer garantiert, dass die Mehrausgaben heute, die Mehrausgaben in den folgenden Jahren später wieder hereingeholt werden?"

    Meister: Diese Frage ist natürlich, wie man diese Nachholfaktoren implementiert. Wir haben es hier bei dem vorliegenden Gesetz zunächst einmal mit einer Verschiebung, nicht mit einer Abschaffung dieser Faktoren zu tun. Das heißt, wir werden später nachholen müssen und das heißt aus meiner Sicht, dass wir dafür sorgen müssen, dass unsere Volkswirtschaft weiterhin kräftig wächst. Dann können auch Rentner dieses Nachholen verkraften und ich glaube deshalb müssen wir uns darauf konzentrieren, dass die strukturellen Verbesserungen am Arbeitsmarkt, strukturellen Verbesserungen für unsere Volkswirtschaft erfolgen, dass wir auch in Zukunft jenseits der Frage, wie sich die Konjunktur entwickelt, Wachstum haben und damit die Möglichkeit haben, diese Einsparungen nachzuholen, ohne dass das zu Lasten der älteren Generation geht.

    Heckmann: Aber wenn schon jetzt nicht bei den bisherigen Plänen geblieben werden kann, wer soll das glauben, dass es dann im Wahljahr 2011/2012 stattfinden soll?

    Meister: Zunächst einmal haben wir in 2011 und 2012 keine Wahljahre. Zum zweiten sage ich mal ist das Wachstum, was wir in den vergangenen beiden Jahren hatten, erfreulicherweise in den Arbeitsmarkt in der Weise gegangen, dass die Beschäftigtenzahl sehr stark gestiegen ist. Dies bedeutet allerdings, dass es entsprechend geringere Lohnzuwächse gab. Das heißt wir haben eine Verbreiterung der Teilhabe am Arbeitsmarkt gehabt, aber nicht eine Steigerung der Einkommen. Und ich glaube, wir werden jetzt eine Entwicklung haben, wo wir dafür sorgen müssen, dass Wachstum, was stattfindet, nach wie vor natürlich in den Beschäftigungsaufbau geht, aber eben auch teilweise an die Beschäftigten und damit im Nachlauf auch an die Rentner gehen kann. Dann wird aus meiner Sicht es auch erträglich, dass man diese Faktoren nachholt.

    Heckmann: Michael Meister, der stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion, war das im Gespräch mit dem Deutschlandfunk. Herr Meister, ich danke Ihnen!

    Meister: Bitte schön Herr Heckmann!