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CSU-Generalsekretärin will Transrapid-Geld für Bayern

CSU-Generalsekretärin Christine Haderthauer beansprucht nach dem Aus für die Münchner Transrapid-Strecke den freigewordenen Bundeszuschuss für Bayern. Die rund eine Milliarde Euro solle nun für andere Projekte im Freistaat zur Verfügung gestellt werden, sagte sie.

Moderation: Jochen Spengler | 28.03.2008
    Jochen Spengler: Waren Sie denn den Transrapid auch schon leid und freuen sich heute klammheimlich, das unpopuläre Projekt auf diese Weise loszuwerden?

    Christine Harderthauer: Nein, ich bin sehr enttäuscht. Denn das wäre die letzte Möglichkeit gewesen, den Transrapid in Deutschland zu verwirklichen. Eine deutsche Erfindung, die wir jetzt im Ausland beobachten dürfen. Die Aufträge stehen ja bereits aus China und anderen Ländern, und außerdem wäre es die ökologisch sinnvollste, die leiseste und die für Bayern günstigste Verbindung gewesen zwischen dem Flughafen München und dem Hauptbahnhof München. Und wir alle wissen, dass wir hier eine bessere Verkehrsanbindung brauchen. Das heißt, wir haben ein nun ungelöstes Problem, was uns wesentlich teurer kommen wird, als wenn der Transrapid verwirklicht worden wäre.

    Spengler: Wenn Sie es bedauern, dann ist es doch eine herbe Schlappe für die Staatsregierung?

    Harderthauer: Es ist keine herbe Schlappe für die Staatsregierung, denn es ist ein Projekt der Bundesregierung gewesen, bei dem sich Bayern, die Staatsregierung, mit einem Viertel der Kosten beteiligt hätte. Es ist vor allem ein kaum nachvollziehbarer Vorgang in der Industrie, die uns im September letzten Jahres eine Festpreisgarantie ausgestellt haben für 1,85 Milliarden. Mehdorn hat im Februar diesen Jahres, weil natürlich da auch von uns immer nachgefragt wurde, noch versichert, dass die Kosten eingehalten werden. Wem soll man dann trauen, wenn nicht Siemens, Thyssen, Krupp und Mehdorn und dem Transrapid-Konsortium? Und nun wird eben gesagt, das wird also mehr als doppelt so teuer. Wenn dann die Bundesregierung sagt, unseren Kostenanteil können wir nicht verdoppeln, dann haben wir gar keine andere Möglichkeit in Bayern. Das ist letztlich verantwortungsvoll nicht alleine in Bayern zu schultern. Und das zeigt aber, dass wir natürlich auf eine wirklich verantwortungsvolle Weise damit umgegangen sind, indem wir gesagt haben, wir wollen, bevor wir beginnen, die ganz genauen Kosten haben.

    Spengler: Aber dann ist es doch keine Festpreisgarantie, wenn Sie die ganz genauen Kosten doch erst mal haben wollten?

    Harderthauer: Die Festpreisgarantie bezog sich darauf, dass man gesagt hat, wir brauchen mal bitte einen Preis, für den wir dann die Finanzierung festzurren. Und dieser Preis, der uns angegeben worden ist, waren die 1,85, und für diesen Preis hatten wir die komplette Finanzierung im letzten September eben gesichert.

    Spengler: Ist es nicht trotzdem ein bisschen billig, den Schwarzen Peter jetzt einfach der Industrie zuzuschieben? Immerhin haben die Grünen damals zum Beispiel auch schon gesagt, damit kommen Sie und nimmer hin mit dem Preis. Können die Grünen besser rechnen als die CSU?

    Harderthauer: Es ist wahnsinnig leicht, im Übrigen ist es schon merkwürdig, wenn der Preis das einzige Gegenargument ist, es ist wahnsinnig leicht, immer zu sagen, das wird alles teurer. Wir mussten uns auf das verlassen, was uns die Anbieter, die, die das bauen und die, die das von der Bahn her auch tragen, sagen. Wenn Sie ein Haus bauen, dann berechnen Sie die Kosten auch nicht selber, sondern fragen den Architekten und den Bauunternehmer. Wir haben uns darauf eben verlassen, das war auch realistisch. Denn diese Preissteigerungen sind wahrscheinlich vor allem beim Streckenbau zustande gekommen.

    Spengler: Frau Harderthauer, man sagt aber doch, die Industrie sagt aber doch, Hochtief sagt aber doch, sie seien gar nicht gefragt worden, sondern die Politik habe sich auf ein Gutachten von 2002 berufen.

    Harderthauer: Bei der Festpreisabsprache ist sehr wohl das Transrapid-Konsortium, bei dem alle beieinander sind, was heißt gefragt worden, die haben das zugesichert. Dann muss sich Hochtief fragen lassen, auf welcher Basis die irgendwelche Zusicherungen machen. Und ehrlich gesagt ist das eine Angelegenheit der Bahn. Nein, wie Mehdorn mit seinen Wirtschaftspartnern umgeht oder nicht umgeht oder was da kommuniziert worden ist oder nicht, das ist nicht Sache der CSU.

    Spengler: Aber ist es nicht blauäugig, sage ich jetzt wirklich, wenn Politiker, die ja schließlich diese 1,5 Milliarden Euro aus dem Staatssäckel dazutun sollen, wenn die einfach unbesehen die Zahlen glauben, die von Unternehmen vorgelegt werden?

    Harderthauer: Wir haben die Zahlen nicht unbesehen geglaubt. Deswegen wissen wir jetzt ja, wir haben es ja nicht begonnen und dann hinterher gesagt, hoppla, jetzt wird es doppelt so teuer. Sondern wir gesagt, wir wollen vor Beginn eine absolute Untermauerung eurer Zusicherung, und die ist jetzt nicht gelungen. Sagen Sie mir, wie man verantwortungsvoller das hätte machen können? Natürlich müssen wir erst mal die Finanzierung klären.

    Spengler: Man hätte vielleicht im letzten Herbst, Frau Harderthauer, nicht sagen sollen, es ist alles in trockenen Tüchern.

    Harderthauer: Na, die Finanzierung war in trockenen Tüchern, die Frage, woher kommt das Geld? Und dann haben wir gesagt, so, die Finanzierung steht und jetzt weist uns bitte nach, dass ihr die 1,85 einhalten könnt, und zwar bevor wir beginnen. Das haben sie nun nicht gekonnt. Aber da muss ich Ihnen ehrlich sagen, wie wollen Sie es denn sonst machen? Wollen Sie erst beginnen? Das hätten wir für verantwortungslos gehalten.

    Spengler: Wie viel Millionen sind denn jetzt schon in den Sand gesetzt worden? Haben Sie da einen Überblick?

    Harderthauer: Darüber haben wir noch keinen Überblick, weil die Hauptgelder bei der Bahn, bei der Industrie und vor allem auch beim Bund geflossen sind. Es ist, darauf möchte ich aufmerksam machen, ein Projekt des Bundes. Und es ist auch wichtig für uns, dass die Gelder dort bleiben, dass auch die Vorplanungskosten, und was jetzt investiert worden ist, vom Bund getragen wird und von der Bahn getragen wird, sofern es eben da zuzuordnen ist. Aber es ist noch nicht berechnet worden jetzt.

    Spengler: Aber dann werden Sie ja kaum irgendwo dem Bund die eine Milliarde, die er ja eigentlich zugesagt hat für das Projekt, noch aus den Rippen leiern können, sage ich mal etwas flappsig?

    Harderthauer: Diese eine Milliarde, die ist ja noch gar nicht, wie soll man sagen, angegangen worden. Sondern diese Kosten sind außerhalb davon gelaufen. Diese 985 Millionen, die sind uns für die Zukunftstechnologie in Bayern zugesagt worden und nicht für Vorplanungskosten. Und wir fordern schon ein, dass dieses Geld auch weiterhin nach Bayern fließt und jetzt nicht irgendwo anders investiert wird.

    Spengler: Für welche Zukunftstechnologie denn dann?

    Harderthauer: Wir werden sehen. Wir werden uns darüber Gedanken machen. Das betrifft auch unseren Anteil, diese 485 Millionen Privatisierungserlöse. Privatisierungserlöse dürfen Sie ja auch nicht in irgendetwas stecken, sondern nach der Verfassung eben nur in Investitionen, die Folgewirkung, positive Folgewirkungen haben, möglicherweise Forschung, Hochschule, Wissenschaft. Das muss man jetzt in Ruhe überlegen. Da sind Schnellschüsse jetzt nicht angebracht.

    Spengler: Frau Harderthauer, es gibt nun keinen Transrapid. Es wird in Bayern auch kein striktes Rauchverbot geben. Es gibt möglicherweise eine Rückkehr zur alten Pendlerpauschale. Das hat jedenfalls Herr Beckstein noch einmal gefordert. Die CSU vollzieht derzeit eine 180-Grad-Kehre nach der anderen. Ist Standfestigkeit eine Eigenschaft der CSU, die heute nicht mehr gefragt ist.

    Harderthauer: Nein, ganz im Gegenteil. Es wird das strengste Rauchverbot geben, was es bundesweit gibt.

    Spengler: Nach den Landtagswahlen?

    Harderthauer: Wir haben lediglich 2008, also für die nächsten paar Monate, für die Bierzelte ausgesetzt, weil wir uns haben überzeugen lassen müssen, dass das noch nicht vollziehbar ist. Ab 2009 ist es genau das, was wir auch vorhatten.

    Spengler: Aber der vermutet der Bürger doch, das liegt an der Landtagswahl, die im Herbst ist?

    Harderthauer: Was liegt an der Landtagswahl, dass wir ab 09 das strengste Rauchverbot haben?

    Spengler: Nein, dass Sie es erst mal wieder zurückgenommen haben.

    Harderthauer: Na, die Landtagswahl wird nun sicherlich nicht im Oktoberfestzelt entschieden, sondern die Bürger spüren das Rauchverbot eben Tag für Tag in den Kneipen, in den Gaststätten, in den öffentlichen Räumen. Und da ist es so, wie wir es auch ursprünglich konzipiert hatten.

    Spengler: Und warum rudern Sie zurück bei der Pendlerpauschale?

    Harderthauer: Weil wir immer schon die Partei gewesen sind, die gesagt haben, wir brauchen eine Balance zwischen dem kleinen Arbeitnehmer, dem Normalverdiener, dem Mittelstand und eben denen, denen es besser geht. Und wir sind die, die sich für die Normalverdiener, für die Mittelschicht einsetzen. Und wir haben eine Situation, die enormen Handlungsbedarf nach sich zieht. Wir wollen eben, gerade weil der Aufschwung überall angekommen ist, aber nicht bei den Normalverdienern und der Mittelschicht, hier für eine Entlastung sorgen durch eine Steuerreform, die hier entlastet. Und dazu gehört für uns zwingend auch die Pendlerpauschale, die ja im Übrigen sowieso fraglich verfassungsgemäß ist.

    Spengler: Aber warum haben Sie denn die Abschaffung damals im Koalitionsausschuss mitbeschlossen?

    Harderthauer: Ja, weil das eine ganz andere Situation gewesen ist damals. Wir hatten ein Paket von mehreren Maßnahmen zu beschließen, um den Haushalt zu konsolidieren. Und wir hatten bei Weitem noch nicht die hohen Energiepreise. Dieser Konsolidierungsbeitrag ist erbracht. Seit letztem Jahr ist der Gesamthaushalt, Bund, Länder und Kommunen, ausgeglichen, und die Pendler haben einen enormen Konsolidierungsbeitrag erbracht. Und das wäre doch eine äußerst fragwürdige Politik, wenn man sagt, ihr müsst ein Opfer bringen, und wenn das Ziel erreicht ist, dann kriegt ihr das aber nicht zurück. Sondern genau wie bei den Arbeitslosenversicherungsbeiträgen muss dann das Geld wieder freigemacht werden und muss die Gerechtigkeit auch, die jetzt notwendig ist, wegen der hohen Spritpreise, das heißt dieser doppelte Konsolidierungsbeitrag, den die Pendler wieder bringen, wieder ausgeglichen werden.

    Spengler: Christine Harderthauer, die Generalsekretärin der CSU. Danke für das Gespräch, Frau Harderthauer!