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Goldener Windbeutel für zuckerigen Kindertee von Hipp

Im Internet hat Foodwatch abstimmen lassen wer den Goldenen Windbeutel 2012 erhalten soll. Gewählt wurde Hipp für seinen zuckrigen Instant-Tee. Der Kindertee wird kritisiert, da er trotz Zuckergehalt als Durstlöscher beworben wurde.

Von Philip Banse | 19.06.2012
    Die Verbraucherschutzorganisation Foodwatch hat im Internet eine Abstimmung abgehalten wer diesen Negativpreis, den Goldenen Windbeutel 2012, bekommen soll. Mit 44.000 Stimmen gewonnen hat, sagt Thilo Bode, der Chef von Foodwatch, Hipp für seinen zuckrigen Instant-Tee:

    "Der, wenn man ihn auflöst und in Tassen füllt, pro Tasse zweieinhalb Stück Zucker enthält. Hipp bewirbt diesen Tee allerdings als geeignet für Kinder ab dem zwölften Monat. Und das entspricht allen gängigen Ernährungsempfehlungen. Kinder in diesem Alter sollten überhaupt keine gesüßten Tees trinken."

    Hipp wollte keine Fragen beantworten und hat nur eine schriftliche Stellungnahme geschickt. Darin heißt es, die Begründung des Negativpreises sei "absolut nicht nachvollziehbar". Hipp bewerbe die bemängelten Tees nicht. Von einer "Werbelüge" könne daher nicht die Rede sein. Auf der Verpackung des kritisierten Tees stehe deutlich, dass das "trinkfertige Produkt" 3,8 Prozent Zucker enthalte. Keine Werbung? Foodwatch entgegnet:

    "Naja, sie haben das im Angebot, sie schreiben 'für Kinder ab dem zwölften Monat', das ist eine klare Aussage. Ob Hipp das noch mal speziell bewirbt oder nicht, ist da sekundär. Außerdem hat er das bis zu unserer Intervention auch beworben, und zwar als 'Durstlöscher'."

    Durstlöscher-Werbung – das war vor der Nominierung für den Goldenen Windbeutel. Danach habe Hipp den Tee in Schreiben an Verbraucher als "Genussmittel" beworben, der "gut für die Seele" sei, schreibt Foodwatch. Hipp argumentiert, der Zuckergehalt des Tees entspreche dem einer Apfel-Saftschorle mit zwei Teilen Wasser und einem Teil Saft. Foodwatch entgegnet darauf:

    "Das ist erstmal völlig unerheblich. Entscheidend ist, dass das gezuckerte Tee-Angebot für Kinder ab dem zwölften Monat beworben wird und das dann als Durstlöscher verwendet wird. Und das geht einfach nicht. Ich kann natürlich viele Vergleiche machen, aber das macht man nicht."

    Weil überhaupt Zucker drin ist?

    "Genau. Kinder sollen in diesem Alter keine gezuckerten Tees oder sonstigen Flüssigkeiten, die gezuckert sind, zum Durstlöschen konsumieren."

    Hipp schreibt weiter, man biete diese gezuckerten Tees an, um Kinder davon abzuhalten, noch stärker gezuckerte Getränke zu trinken.

    "Das ist eine absurde Begründung. Der Mann soll anständige Produkte herstellen. Und so gut scheint sein Gewissen ja gar nicht zu sein, denn er hat gesagt, er werde zum Jahresende dieses Produkt nicht mehr vertreiben, sondern auf eine ungezuckerte Variante umsteigen. Da sind wir mal gespannt, was er dann wirklich liefert und wie die Zusammensetzung dieses Produkts dann wirklich ist."

    Auf Platz zwei landete hinter dem Zucker-Tee von Hipp ein Fleischprodukt:

    "Das ist das Viva Vital Hackfleisch, das angeblich 30 Prozent weniger Fett enthält, was aber nichts anderes heißt, als dass die 30 Prozent durch eine Wasser-Mehl-Pampe ersetzt worden sind. Weniger Fett enthält es zudem nur im Vergleich zu anderen abgepackten Fleisch, aber nicht zum Hackfleisch, das man an der Theke kauft. Also liegt auch hier eine Verbrauchertäuschung vor."

    Auch kritisiert wird das Bier Clausthaler Alkoholfrei, das nicht wirklich alkoholfrei ist: In dem als alkoholfrei beworben Bier sind tatsächlich knapp 0,5 Prozent Alkohol enthalten. Das steht zwar auch auf dem Etikett, trotzdem führe die Werbung Verbraucher in die Irre, sagt Thilo Bode von Foodwatch. Wie alle kritisierten Produkte sei auch die Clausthaler-Werbung legal:

    "Die Gesetzeslücke ist die, dass es nach dem Weingesetz erlaubt ist, bei unter 0,5 Prozent Alkohol das als alkoholfrei zu bewerben und nicht verpflichtend als alkoholarm."

    Solche Gesetzeslücken müssten geschlossen werden, fordert Foodwatch. Die Verbraucher müssten sich 100-prozentig auf Werbung und ihren ersten Eindruck vom Produkt verlassen können. Im Fall der Zucker-Tees von Hipp etwa müsste die Diät-Verordnung für Babys auf Kinder über einem Jahr ausgedehnt werden, dann wären solche Angebote nicht legal.