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Bilfinger
Massiver Gewinneinbruch nach Kochs Rücktritt

Der Bau- und Dienstleistungskonzern Bilfinger präsentierte nun seine Quartalszahlen, nachdem zuvor zwei Mal eine Gewinnwarnung veröffentlicht werden musste. Der Ex-Ministerpräsident Roland Koch wurde so zum Ex-Firmenchef - dennoch lastet auf dem trudelnden Unternehmen laut Analysten keine "Koch"-Hypothek.

Von Stefan Wolff | 11.08.2014
    Vor einem Geschäftshaus im Bankenviertel steht am 05.08.2014 in Frankfurt am Main (Hessen) ein Fahrzeug des Dienstleistungs- und Baukonzerns Bilfinger.
    Bilfinger präsentierte seine Quartalszahlen. (dpa / picture-alliance / Fredrik von Erichsen)
    Bei Bilfinger ist der Gewinn aus dem operativen Geschäft im zweiten Quartal um 30 Prozent eingebrochen. Schocken konnte der Konzern mit den Zahlen nicht mehr. Sie fielen ganz im Rahmen der zusammengefalteten Erwartungen aus.
    Immerhin fiel der Nettogewinn ein bisschen höher als befürchtet aus: Unterm Strich stehen 47 Millionen Euro in der Bilanz. Und damit genauso viel wie im Vorjahreszeitraum.
    Vorstandschef Herbert Bodner machte vor allem das schwache Kraftwerksgeschäft für die aktuelle Lage verantwortlich. Bilfinger baut sich selbst von einem reinen Baukonzern zu einem Dienstleistungsunternehmen um. Als eines der Hauptgeschäftsfelder haben sich die Mannheimer auserkoren, Großkraftwerke zu bauen und zu warten. Die politisch beschlossene Energiewende hat aber die großen Versorger in Deutschland und Europa geplante Investitionen auf Eis legen lassen. Auf die Frage, ob sich Bilfinger verkalkuliert habe, sagt Stefan Schöppner von der Commerzbank:
    "Müsste man dann den Stromversorgern auch so vorwerfen. Die Energiewende kam relativ überraschend. Die Strategie von Bilfinger, sich auf Dienstleistungen im Kraftwerkgeschäft zu stürzen, die ist älter."
    Generell sind Großkraftwerke unattraktiver geworden. Die Zurückhaltung der Versorger hält weiter an. Das hat dazu geführt, dass sich bei Bilfinger die Auftragsbücher geleert haben. Die Auftragseingänge gingen um 15 Prozent zurück.
    Bilfinger-Chef Herbert Bodner bekräftigte die Entscheidung seines Vorgängers, im Bereich Energie weitere 300 Stellen abzubauen. Von einer "Koch"-Hypothek will Energie-Analyst Schöppner mit Blick auf die schwachen Zahlen nicht sprechen. Das Unternehmen sei auf gutem Wege:
    "Der Umbau ist sehr gut vorangekommen. Es gibt kaum noch Bauaktivitäten. Herr Koch hatte ja noch vor einigen Wochen den Abbau von den letzten verbliebenen Ingenieurbauaktivitäten angekündigt. Bilfinger wäre jetzt eigentlich da angekommen, wo das Unternehmen hin wollte, wenn die Probleme im Energiebereich nicht so nach und nach gewachsen wären."
    Keine neuen Hiobsbotschaften für das Unternehmen erwartet
    Schon im vergangenen Jahr hatte Bilfinger in der Verwaltung 1.250 Jobs gestrichen. Nachdem der ehemalige Vorstandsvorsitzende Roland Koch vor wenigen Tagen überraschend das Handtuch geworfen hatte, setzten Beobachter auf einen strategischen Neuanfang. Doch bei Vorlage der Quartalszahlen hielt sich Bodner zurück.
    Zu Recht sagt Stefan Schöppner. Das Unternehmen müsse nun zu allererst die Vorstandsfrage klären. Schließlich läuft der Vertrag mit Bodner längstens bis Mai 2015. Bis dahin sollte es ruhig bleiben. Bodner befürchtet nicht, im zweiten Halbjahr weitere Projekte zu verlieren:
    "Ich erwarte im Moment keine weiteren Hiobsbotschaften. Was aber noch passieren kann, wenn der neue Chef relativ schnell an Bord geht, dass noch einmal alles kritisch überprüft wird. Und dass der neue Chef zu Amtsbeginn die Latte etwas niedriger hängt."
    So Stefan Schöppner. Und damit bleibt es auch bei den Prognosen, die Roland Koch seinem Interimsnachfolger hinterlassen hat. Bilfinger geht davon aus, den Umsatz auf bis zu 7,8 Milliarden Euro zu steigern. Der Konzerngewinn soll auf bis zu 340 Millionen Euro sinken.