Der BVB in der NS-Zeit

Widerstand in Schwarzgelb

05:40 Minuten
Dortmunder Fußball-Legenden sind auf ein Haus am Borsigplatz gemalt.
Der Borsigplatz ist für die Geschichte von Borussia Dortmund bedeutend (hier ehemalige Spieler des Vereins auf einer Hauswand gemalt). © Getty / Christoph Koepsel
Von Heinz Schindler · 30.01.2022
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Borsigplatz, Schlosserstraße, Rombergpark: Drei Dortmunder Orte, die auch während der NS-Zeit für Borussia Dortmund eine große Rolle spielten. Bei Führungen kann man mehr über die Geschichte erfahren.
Die Dortmunder Nordstadt ist multikulturell, die Ursprünge liegen in der Nähe zur Eisenhütte und zum Stahlwerk. Beide gibt es nicht mehr. Mittendrin die katholische Dreifaltigkeitskirche, eine besondere für den Fußball, berichtet Annette Kritzler, die seit mehr als 30 Jahren hier wohnt.

Franz Jacobi gilt als BVB-Gründer

"Das ist die Stammkirche von Borussia Dortmund. Hier sind die Gründer in die Kirche gegangen, haben die heilige Kommunion empfangen. Franz Jacobi gilt als der Gründer von Borussia Dortmund. Er ist von Hause aus katholisch, geht hier in die Dreifaltigkeitskirche und bekommt um 1906 einen braunen Lederfußball geschenkt."
Drei Jahre später wurde Borussia Dortmund gegründet. Kritzler veranstaltet mit ihrer Kollegin sogenannte Borsigplatz-Verführungen, führt also durch die Nordstadt. Dabei geht es auch um den Widerstand in der NS-Zeit und den BVB.
"Wir stehen in der Schlosserstraße vor Hausnummer 42. Hier wohnte Heinrich Czerkus. Er wird Teil der Kommunistischen Partei, war auch sehr aktiv. Mit seinem Wirken fällt er natürlich der Polizei auf und wird tatsächlich bespitzelt."
Borussia Dortmund stellte Czerkus als Platzwart ein, als der Fußball noch weitestgehend unpolitisch war.

Erhalt des Vereins an erster Stelle

Schwierig wird die Situation in den 30er-Jahren. Spätestens ab 1933, mit der Machtergreifung von Adolf Hitler, ist es auch für den BVB schwieriger geworden, im Zuge der Gleichschaltung, die dann ab 1936 greift, unpolitisch zu bleiben. Man muss den Erhalt des Vereins an erster Stelle sehen. Nach außen hin verhielt sich Borussia Dortmund systemkonform, nach innen verbanden die Vereinsfarben mehr, als die Parteibücher trennten.

Fußball im Konzentrationslager: Im KZ Theresienstadt spielten Häftlinge in einer Liga. Was wollten die Nationalsozialisten damit erreichen? Tomas Federovic, Historiker der Gedenkstätte Theresienstadt, sieht zum einen Propagandazwecke. Zum anderen habe es aber auch Befürchtungen bei der SS gegeben, dass "die kräftigen Männer vielleicht an einer Revolte teilnehmen könnten".

"Wir haben jemanden wie Wilhelm Röhr, der mit einer Druckerei am Borsigplatz zu Hause ist und den BVB schon sehr früh als Sponsor unterstützt. Er druckt in seiner Druckerei die Eintrittskarten für den Borussia-Sportplatz. Er druckt auch Flugblätter für Heinrich Czerkus und seine Kommunistische Partei - und das, obwohl Wilhelm Röhr zu einem späteren Zeitpunkt der NSDAP angehörte."

Fanprojekt hatte die Führung angeregt

Polizei, Vereinspräsident und Sponsor spielten in der Nordstadt für die damalige Zeit hochgefährliche Kurzpässe, Suchaktionen der Gestapo wurden durchgestochen. Man kann also im weitesten Sinne sagen, der BVB hat versucht, Czerkus vor den NS-Schergen zu verbergen. Bedauerlicherweise ist das nicht gelungen. Czerkus zählt zu den Opfern der Karfreitagsmorde in der Bittermark und im Rombergpark.
Vor 15 Jahren hatte ein Fanprojekt der Borussia die Führung angeregt, als ein Rechtsruck auf der Südtribüne wahrgenommen wurde. Borussia Dortmund ließ seine Geschichte während der NS-Herrschaft schon zu Beginn der 2000er-Jahre aufarbeiten. Kritzler hält die Ergebnisse dieser Aufarbeitung am Leben. Vom Verein allerdings anscheinend unbemerkt.
"Allerhöchstens ein Wohlwollen, es ist aber ein stilles Wohlwollen. Ich finde das mitunter sehr schade. Wir leisten hier sehr gute Pionierarbeit. Wir haben 2006 mit den Führungen begonnen, auch zur Geschichte von Borussia Dortmund. Hier und da würde einfach mal ein nettes Wort auch ganz guttun."

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